Die Wage (1848-1852)

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Die Wage. Titelseite der Probenummer
Bild: Lippische Landesbibliothek, LZ 12.4°

Die Wage. Zeitschrift zur Besprechung der Angelegenheiten des Volkes war ein linkes lippisches Periodikum der Zeit der Märzrevolution.

Die Wage. Zeitschrift zur Besprechung der Angelegenheiten des Volkes
Alternative Schreibung
Abkürzung
Typ Zeitung
GND Kein Eintrag
ZDB https://ld.zdb-services.de/resource/526169-7
LLB-Bestand LZ 12.4°
Digitalisat https://nbn-resolving.org/urn:nbn:de:hbz:51:1-6661
Erscheinungsweise
Vorgänger
Verlauf 1.1848,März - 5.1852
Nachfolger
Frequenz zweimal wöchentlich: Mi, Sa
Verbreitung
Ort, Verlag Lemgo, F. L. Wagener
Verantwortliche*r
Parteilichkeit links
Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Wage_(Zeitung)

Vorgeschichte

In den 1830er und 1840er Jahren gab es in Lippe keine sich politisch äußernden Zeitschriften. Neben den Lippischen Intelligenzblättern erschien als Zeitschrift allgemeinen Interesses das Lippische Magazin bzw. nach Umbenennung die Vaterländischen Blätter. Als Leopold II. auf öffentlichen Druck am 8. März 1848 die Pressefreiheit verordnete, ergriff der Lemgoer Verleger Wagener als erster die Chance und rief Die Wage ins Leben.

Geschichte

Die erste Nummer der Wage erschien am Samstag, den 25. März 1848, also schon zwei Wochen nach Erklärung der Pressefreiheit.

Das Blatt erschien im Folioformat, 23 x 32 cm, zweispaltig bedruckt, pro Nummer 4-6 Seiten, am Mittwoch und am Samstag. Das Abonnement kostete vierteljährlich 17 Silbergroschen, 6 Pfennige. In der ersten Ausgabe, S. 2, verkündete unter dem Titel »Preßfreiheit« die Redaktion, dass man »die Wahrheit« »ohne Rückhalt« (d.h. ohne etwas zurückzuhalten) schreiben wolle. Und während die ersten Nummer auf Seite 1 eine Rubrik »Tagesereignisse« begann, die internationales Geschehen schildert (Frankreich, Österreich, Preußen etc.), geht es auf den Seiten 3-4 um den neu zusammentretenden lippischen Landtag, also um lokale politische Ereignisse, die von den Redakteuren auch bewertet wurden. Die Wage war damit »das erste Blatt, das Raisonnement enthielt« im Fürstentum Lippe, das also Meinungsäußerung wagte.[1] Neben den Abonnements verdiente das Blatt Geld mit einem kleinen Privatanzeigenteil.

Als Redakteure waren auf der Titelseite Karl Vette und Carl Volckhausen aus Detmold sowie Gustav Adolf Wolff aus Lemgo genannt.

Ab September 1848 erschien mit dem Lippischen Volksblatt in der Meyerschen Hofbuchhandlung in Detmold ein erklärtermaßen konservatives Blatt als publizistischer Gegenpol zur Wage. Schon vorher hatte die Redaktion mit Schwierigkeiten zu kämpfen. Gustav Adolf Wolff ist in der Nummer vom 1. Juli 1848 zum letzten Mal als Redakteur genannt; er schied ohne Angaben von Gründen aus. Ab dem 15. Juli konnte der Detmolder Otto Dresel zur Mitarbeit gewonnen werden. Doch nur kurze Zeit blieb die Redaktion zu dritt; schon im August wurde dem Gymnasiallehrer Carl Volckhausen von seinem Dienstherrn erklärt, sein Beruf lasse sich nicht mit der Tätigkeit als Redakteur vereinbaren.[2] Erst am 20. September 1848 sind auf dem Titelblatt wieder drei Namen zu lesen, neu hinzugekommen war Friedrich Leizmann aus Lemgo.[3]

Auch Dresel blieb der Redaktion nur bis zur Nummer vom 7. Juli 1849 erhalten, nachdem er für seinen Artikel »Genrebilder« in Lippe des »Staatsverrats« angeklagt wurde.[4] Ab der Folgeausgabe, Nr. 55 vom 11. Juli 1840, zeichnet Karl Vette allein für die Redaktion verantwortlich; Dresel und Leizmann zeigten ihren Austritt aus der Redaktion an[5] und Dresel entzog sich der Strafverfolgung durch Flucht in die USA. Er fuhr aber fort, hin und wieder Artikel zu liefern.

In der Nummer vom 2. Februar 1850 teilte schließlich auch Karl Vette mit, dass er die Redaktion niederlege. Er war zum Landtagsarchivar gewählt worden; die Redaktion der Wage übernahm nun der Verleger Wagener persönlich.[6]

In seiner Geschichte des Zeitungswesens in Lippe von 1932 urteilt Arno Schröder, die redaktionellen Wechsel hätten Inhalt und Stil der Zeitschrift keinen Abbruch getan.[7] Im Meinungskampf mit dem Volksblatt wähnte sich die Wage als Sieger, als am 24. Juni 1852 dessen letzte Nummer erschien. Doch das war zu kurz gedacht, am 4. September 1852 wurde die Wage verboten, nachdem Fürst Leopold III. am 29. August 1852 das Verbot aller demokratischen Blätter angeordnet hatte. Damit war die kurze Periode freier und lebendiger Presse in Lippe erst einmal zu Ende.

Für den letzten Redakteur und Verleger Wagener hatte seine Tätigkeit noch ein Nachspiel. Erstens wurde ihm zunächst nicht erlaubt, weitere Zeitschriften zu veröffentlichen, obwohl das skizzierte inhaltliche Profil des von ihm geplanten Neuen Sonntagsblatts ohne Politik und Meinung auskam. Zweitens wurde er wegen Pressevergehens vor dem Kriminalgericht angeklagt und zu drei Monaten Haft verurteilt. Anlass war ein Aufsatz in der Wage, den Redakteur Karl Vette geschrieben hatte; und Wagener war als Verleger in den Augen der Justiz mitverantwortlich. Nach mehreren Begnadigungsgesuchen Wageners wurde die Strafe auf 8 Tage Haft gemildert.[8]

Inhaltliches Profil

In der Auswertung Schröders bestand der weit überwiegende Teil des Inhalts der Wage aus überregionaler politischer Berichterstattung. Leitartikel zur Reichspolitik, Berichte zur Reichsinnen- und -außenpolitik machen rund 53% des Textteils aus; Leitartikel zur Landespolitik, Berichterstattung zur Landespolitik und zum Parlament, sowie kommunale und lokale Nachrichten nehmen zusammen rund 26 % des Textteils in Anspruch. Vom Rest entfällt die Hälfte auf das Feuilleton, die andere Hälfte auf Vermischtes und Wirtschaftspolitik.[9]

Die Wage bot ihren Leser*innen nicht nur mit ihrer parteilichen Berichterstattung, sondern auch mit der Rubrik »Briefkasten« eine neue Form der Leserbindung.[10]

Nachdem Verleger Wagener die Redaktion selbst übernommen hatte, stärkte er das Feuilleton, in dem zunehmend auch aktuelle Themen ihren Niederschlag fanden. In der Wage erschien am 4. Februar 1852 die erste Theaterkritik eines lippischen Blattes.[11]

Etwa 88% der bedruckten Fläche galt dem redaktionell gestalteten Text, die übrigen 12% waren den privaten Anzeigen gewidmet.[12] Neu sind hier Inserate, die »meist die persönliche Verunglimpfung eines Gegners zum Gegenstand« hatten.

Wirtschaftliche Seite

Für die Wage sind keine Auflagenziffern bekannt. Sie dürften aber höher gelegen haben als beim konservativen Konkurrenten, dem Lippischen Volksblatt, für das am 1.2.1849 900 Abonnenten gemeldet sind.[13] Zudem berichtete die Wage wiederholt eine Zunahme der Abonnements und verwies darauf, dass sie auch außerhalb Lippes gelesen würde.[14] Zum 1. Oktober 1850 wurde der Quartalspreis von 17 Silbergroschen 6 Pf. auf 15 Silbergroschen gesenkt, ab November 1850 wurde das Abonnement nicht mehr quartalsweise, sondern monatlich berechnet.

Beilagen

Literatur

  • Arno Schröder, Geschichte des Zeitungswesens in Lippe, Detmold 1932
https://nbn-resolving.de/urn:nbn:de:hbz:51:1-13921
  • Annegret Tegtmeier-Breit: ... samt dem Gift, das sie durch ihre gott- und heillose Presse in die Adern unseres Volkes zu bringen so eyfrig beflissen sind. Politische Vereine und die lippische Presse in den Jahren 1848/49. - In: Lippe 1848 : von der demokratischen Manier eine Bittschrift zu überreichen. Hg. von Harald Pilzer und Annegret Tegtmeier-Breit. Lippische Landesbibliothek Detmold, 1998. S. 153-182.
https://digitale-sammlungen.llb-detmold.de/content/pageview/7442778

Weblinks


Status der Seite

Quelle: Schröder 1932, ZDB, LippBibl

9.11.2022 angelegt

Fußnoten

  1. Schröder, S. 47 https://digitale-sammlungen.llb-detmold.de/content/pageview/6429978.
  2. Siehe Die Wage 1 (1848) Nr. 44 vom 23.8., S. 222 https://digitale-sammlungen.llb-detmold.de/periodical/pageview/1592622.
  3. Die Wage 1 (1848) Nr. 52 https://digitale-sammlungen.llb-detmold.de/periodical/zoom/1592662.
  4. Genre Bilder. - In: Die Wage 2 (1849) Nr. 34 vom 28.4.1849, S. 141. https://digitale-sammlungen.llb-detmold.de/periodical/pageview/1597150. Das Vorspiel dazu in der Beilage zu 2 (1849) No 40 der Wage: Dresel teilt mit, das Fürstlich-Lippische Criminalgericht habe die Redaktion aufgefordert, den Verfasser des Artikels mitzuteilen; das werde die Redaktion aber erfüllen; die Anfrage sei ungesetzlich. https://digitale-sammlungen.llb-detmold.de/periodical/pageview/1597190. Zum Vorgang vgl. Tegtmeier-Breit 1998, S. 174ff.
  5. https://digitale-sammlungen.llb-detmold.de/periodical/zoom/1597277.
  6. Die Wage 3 (1850) Nr. 10 vom 2.2.1850 https://digitale-sammlungen.llb-detmold.de/periodical/pageview/1646121.
  7. Vgl. Schröder S. 55 https://digitale-sammlungen.llb-detmold.de/content/pageview/6429990.
  8. Schröder 1932, S. 61-62 https://digitale-sammlungen.llb-detmold.de/content/pageview/6429996. Aus Schröders Widergabe geht leider nicht hervor, auf welchen Artikel Vettes sich die Anklage bezieht und wann die Gerichtsverhandlung Wageners war.
  9. Schröder S. 55 https://digitale-sammlungen.llb-detmold.de/content/pageview/6429991.
  10. Ebd.
  11. Theater in Detmold. - In: Die Wage 5 (1852) Nr. 10 vom 4.2.1852 https://digitale-sammlungen.llb-detmold.de/periodical/pageview/1652832.
  12. Schröder 1932, S. 58 https://digitale-sammlungen.llb-detmold.de/content/pageview/6429993.
  13. Schröder 1932, S. 59, der vermutet, dass die Wage allen anderen lippischen Blättern »weit voran« gewesen sei, https://digitale-sammlungen.llb-detmold.de/content/pageview/6429994.
  14. An die Leser. - In: Die Wage 3 (1850) Nr. 76 vom 21.9.1850, S. 307 https://digitale-sammlungen.llb-detmold.de/periodical/pageview/1646455.