Weweler, August (1868-1952)

Aus lippelex.de
Zur Navigation springen Zur Suche springen
August Weweler um 1909
Bild: Lippischer Kalender (1909)
August Weweler

Prof. August Weweler (* 20. Oktober 1868 in Recke; † 8. Dezember 1952 in Detmold) war Dirigent und Komponist.

GND http://d-nb.info/gnd/119509903
Andere Namen Weweler, Benedikt August (voller Name)
Geburtsdatum 20.10.1868
Geburtsort Recke (Tecklenburger Land)
Sterbedatum 8.12.1952
Sterbeort Detmold
Bekannt als (Tätigkeitsfeld) Komponist, Dirigent
Lippe-Bezug Kapellmeister in ...
Beziehung zu Personen verheiratet seit 1937 mit Lotte geb. Rajewski (1900-1996)
Beziehung zu Institutionen
Wikipedia

Leben

Geboren am 20. Oktober 1868 im westfälischen Recke. Der Vater ist Kleinbauer und Wanderkaufmann, stirbt aber bereits 1875. Die Mutter führt die Landwirtschaft eine Weile weiter und zieht 1878 mit ihren vier Kindern nach Ibbenbüren.[1] Weweler besucht dort die Rektorschule und macht anschließend ab 1883 eine Kaufmannslehre im Geschäft eines Onkels in Lage, dann in Greifswald. Er beendet die Lehrzeit jedoch vorzeitig, um für ein Jahr privaten Musikunterricht zu nehmen. Dann schreibt er sich im April 1886 am Königlichen Conservatorium der Musik in Leipzig ein. Seine wichtigsten Lehrer sind Theodor Coccius (Klavier) und Salomon Jadassohn (Kompositon). Nach zwei Jahren bricht Weweler das Studium ab, da ihn die Ausbildung langweilt; das Leipziger Abgangszeugnis attestiert ihm »Talentlosigkeit«.

Die nächsten zehn Jahre verdient er sich in Leipzig seinen Lebensunterhalt als Gelegenheitsmusiker und Komponist »harmloser Gesellschaftsmusik«.[2] Währenddessen bildet er sich autodidaktisch kompositorisch weiter. Während der 1897/98 ist er kurzzeitig Kapellmeister am Stadttheater in Elbing, auch diese Tätigkeit bricht er ab. 1898 lernt er den Detmolder Theaterintendanten Emil Becker kennen, der ihn als Klavierspiel an das Sommertheater im Neuen Krug holt. Weweler bleibt in Detmold und lebt dort als freier Komponist, Pianist, Musiklehrer.[3] Im Mai 1899 teilt die Tages-Zeitung mit, Weweler habe seitens der Berliner Hofoper den Auftrag erhalten, ein Ballett zu komponieren.[4] Im Oktober 1899 ist er Leiter des Gemischten Chores des Detmolder Bildungsvereins,[5] als dessen Dirigent er 1908 bestätigt wird; seitdem nennt sich der Chor Oratorienverein.[6]

Am Ende der Aufführung von Hermann der Cherusker 1909

Seine erste größere Komposition, die Oper Dornröschen, wird 1903 in Kassel mit Erfolg aufgeführt und 1904 dann ohne Erfolg in Berlin gespielt. Die komische Oper Der grobe Märker wird 1908 in Detmold am Hoftheater uraufgeführt, findet aber keine weiteren Aufführungen. Für die Neunzehnhundertjahrfeier zur Varusschlacht 1909 in Detmold komponiert er das Festspiel Hermann der Cherusker.[7] 1911 ehrt ihn Fürst Leopold mit dem Professorentitel. 1912 und 1914 organisiert Weweler jeweils ein Lippisches Musikfest; 1914 wird dabei sein Oratorium Die Sintflut uraufgeführt. Während des Weltkriegs gründet Weweler zusammen mit dem Schauspieler Georg Bruns das Fürstlich Lippische Konservatorium für Musik, Theater und Redekunst, welches als Lippisches Landeskonservatorium dann bis 1945 bestand. Die Lehrtätigkeit dort verschaffte ihm ein bescheidenes regelmäßiges Einkommen. 1927 ist Weweler Mitbegründer eines Fördervereins für das Konservatorium und hat für drei Jahre dessen Vorsitz inne, bevor er im Streit aus dem Amt und aus dem Lehrkörper des Konservatoriums ausscheidet. Ohne Einkommen sind die beiden folgenden Jahre von finanzieller Not und Depression geprägt.

Wewelers Wirken während der NS-Zeit

Im Februar 1932 tritt Weweler in die NSDAP ein. Die lippische Sturmabteilung (SA), eine paramilitärische Kampforganisation der NSDAP, verwendete das Schlusslied aus dem populären Festspiel Hermann der Cherusker (1909) als Marschlied für ihre Einheit. Im März 1933 wird die Detmolder Ortsgruppe des »Kampfbunds für deutsche Kultur« gegründet, deren Vorsitz Weweler übernimmt und deren erklärtes Ziel es ist, »der Lippischen Landesregierung ... auf den entsprechenden kulturellen Gebieten beratend und helfend zur Verfügung zu stehen«.[8] Sichtbare Aktivität entfaltet der Bund kaum; »das Vereinsleben (scheint) sich auf unregelmäßige Sitzungen und jene seltenen öffentlichen Veranstaltungen beschränkt zu haben«.[9] Im Frühjahr 1935 wird in Detmold unter dem Vorsitz von Heinrich Hollo die NS-Kulturgemeinde als von der NSDAP gestützte, offizielle Kulturorganisation gegründet, welche »die Tätigkeit des Kampfbundes absorbiert«.[10] In dieser Organisation spielt Weweler keine Rolle. In der zweiten Jahreshälfte 1933 ist Weweler ein halbes Jahr lang als Hilfsmusiklehrer am Detmolder Oberlyzeum beschäftigt. Die Sorgen um den Lebensunterhalt bleiben. Vorübergehend erhält er seit April 1934 von der Stadt Detmold einen monatlichen »Ehrensold« von 50 RM. Gegenüber offiziellen Stellen bezeichnet sich Weweler als »alte(n Kämpfer der nationalsozialistischen Bewegung«.[11]

Bei den Richard-Wagner-Festwochen ist seine Mitwirkung nicht gefragt; Organisator Otto Daube begründet, dass Weweler sich bereits 1909 in seiner Ave musica-Schrift ablehnend über Wagners Kunst geäußert hatte. Immerhin werden einzelne Werke während der Wagner-Festwochen 1934, 1935 und 1936 aufgeführt. Doch schon Ende 1935 verlässt Weweler Detmold, künstlerisch wenig geschätzt, wie sein Versuch einer Neuauflage des Lippischen Musikfestes im September 1934 zeigt, bei dem seine Sintflut ohne großen Beifall wieder aufgeführt wird,[12] finanziell praktisch pleite.

Zum 1. Oktober 1935 wird er Dozent für Klavier, Harmonie- und Formenlehre an der Essener Folkwangschule; die Stelle war ihm von Freunden vermittelt worden. Im Mai 1937 wird sein Zweites Streichquartett uraufgeführt und auch gedruckt. Im gleichen Jahr heiratet der 67jährige seine langjährige Sekretärin.[13] Er tritt Ende 1940 in den Ruhestand. Eine Augenkrankheit hindert ihn seit 1942 am weiteren Komponieren. 1943 kehrt er nach Detmold zurück; ihm zu Ehren gibt es zu seinem 75. Geburtstag ein Konzert im Landestheater. Die lippische Landesregierung bewilligt eine monatliche Rente von 100 RM, die 1945 nach Kriegsende auf Anordnung des Regierungspräsidenten Heinrich Drake weiter ausbezahlt wird, bis eine Anweisung der Militärregierung ausdrücklich jegliche Unterstützung des früheren NSDAP-Mitglieds verbietet.

Weweler stirbt am 8. Dezember 1952 in Detmold. Im Nachruf der Lippischen Landes-Zeitung heißt es, dass »nach verzweiflungsvollen Jahrzehnten der Bann um August Wewelers Musik gebrochen« worden sei.

Nachwirkung

Die Nachrufe und Erinnerungsartikel zum Tod und später blenden Wewelers NSDAP-Mitgliedschaft völlig aus, stattdessen wird er als Komponist der Heimat dargestellt, der trotz seiner künstlerischen Qualität um seine Anerkennung zu kämpfen hatte. In Detmold wird 1974 auf Betreiben früherer Freunde die Straße am entstehenden Kreishaus "August-Weweler-Straße" benannt.

Auf Initiative von Detmolder Jusos wird sie 1985 wegen Wewelers Nähe zum NS-Staat in Felix-Fechenbach-Straße umbenannt. In der öffentlichen Debatte 1985 wird Weweler von seinen Gegnern als »offensichtliche(r) lippische(r) Chefideologe des Nazibarbarei« bezeichnet.[14] Dies überschätzt jedoch Wewelers Einfluss auf das Kulturleben. Speckmann urteilt, dass Weweler sich »mit dem wenig erfolgreichen Versuch, die nationalsozialistische Ideologie als Mentorin seiner Musik zu engagieren vor der Nachwelt buchstäblich unmöglich gemacht« habe.[15] Speckmann urteilt, Weweler habe »ein beeindruckendes musikalisches Lebenswerk von rund zweihundert Kompositionen (hinterlassen), dessen Bedeutung nicht von vornherei durch die Tatsache gemindert wird, daß die extrem konservative Haltung dieser Musik schon von Wewelers Mitwelt als verwirrend empfunden wurde ... Seine Kompositionen erreichen etwa den technischen Stand der von Mendelssohn geprägten Leipziger Schule.«[16]

Werke

Der grobe Märker, Theaterzettel 1908

Kompositionen

  • August Weweler. Werkverzeichnis. Einf.: Hans Jenkner. - Essen 1938. 4 ungez. Bl. - Mus-h 9 W 70


  • Ein Preisgericht. Burleske in einem Aufzug. ca. 1900.[17]
  • Chorwerk St. Hubertus, ca. 1899.
  • Wiege-Walzer, ca. 1900
  • Dornröschen, Oper, UA 1903 in Kassel
  • Der grobe Märker. Komische Oper (Text und Musik), UA 1908 in Detmold
  • Hermann der Cherusker. Festspiel (Text und Musik), UA 1909 Detmold. - 18 L 8820
  • (als Bearbeiter) Hunyady, ... : Lippe Detmold eine wunderschöne Stadt : (ein altes Reservelied) ; mit Benutzung eines alten Trommel- und Pfeifenmarsches. / für die Gitarre bearb. von Hunyady. Klaviersatz von August Weweler. - Detmold, 1913. - 7 S. - LV 46.4
  • Die Sintflut. Oratorium, UA Detmold 1914.
  • Das Dorf ohne Männer. Operette. UA Lage 1928, erneut Detmold 22. Juni 1933.
  • Zweite Symphonie. UA September 1933.
  • C. D. Grabbe (sinfonische Dichtung). Aufgeführt bei der Bochumer Grabbe-Woche 1941.


Theoretische Schriften

Literatur

  • Fritz Lange: August Weweler. - In: Lippische Tageszeitung 25 (1920), Nr. 190 vom 14.8.1920.
  • August Koch: Ein Interview mit Prof. Weweler. Interssante Auslassungen des Komponisten der neuen Operette "Das Dorf ohne Männer". - In: Lippische Tageszeitung 33 (1928) Nr. 31 vom 5.2.1928
  • Zu Prof. Wewelers 60. Geburtstag. - in: Lippische Landes-Zeitung 162 (1928) Nr. 255 vom 28. Oktober.
  • Bernhard Thümmel: August Weweler : ein deutscher Tonmeister unserer Heimat. - In: Lippischer Kurier vom 22.6.1933.
  • Bernhard Thümmel: August Weweler, ein deutscher Musiker. - In: NSHeimKal 6 (1939), S. 97-99. - LZ 97
  • Professor August Weweler zum 75. Geburstag. - In: Lippische Staatszeitung 20.10.1943. - https://zeitpunkt.nrw/ulbms/periodical/zoom/20330731.
  • Prof. August Weweler †. - In: Westfalen-Zeitung: Neue Lippische Rundschau 7 (1952) vom 13.12.1952.
  • A.K.: August Weweler zum Gedenken : verdienter Komponist unserer Heimat schloß die Augen. - In: Lippische Landes-Zeitung vom 14.12.1952.
  • Weweler. - in: Riemann Musiklexikon, Personenteil L-Z, Main 1961, S. 919.
  • Bernhard Holwitt: Gehört in die erste Reihe der Komponisten des Westfalenlandes. - In: Ibbenbürener Volkszeitung vom 9. Mai 1981.
  • Bernhard Holwitt: Im Detmolder Kulturleben nachhaltige Akzente gesetzt. - In: LLZ vom 20.10.1982.
  • Bernhard Holwitt: Ein großer Sohn unserer Heimat : der Komponist August Weweler. - In: Westfälsicher Heimatkalender 36 (1982) S. 64-86. - Hz 219 (36)
  • Lukas Speckmann: August Weweler: "Zurück zu Mozart!" : Ein konservativer Komponist des 20. Jahrhunderts und sein ästhetisches Konzept. - Münster: Lit, 1997. - BWe 1101 oder 02-Mus-h 9 W 83
  • Lukas Speckmann: Ein 'lippischer Chefideologe'? - Der Komponist August Weweler. - In: Nationalsozialismus in Detmold. Bielefeld 1998, S.99-122.
  • Kamil Glabica: "Das Kunstverständnis aller Volksschichten im Sinne nationalsozialistischer Weltanschauung wecken und vertiefen" : Theater- und Musikpolitik in Detmold während der NS-Zeit. - In: ippes Grüner Hügel : die Richard-Wagner-Festwochen in Detmold ; 1935 - 1944 / herausgegeben vom Projekt Lippes Grüner Hügel. - Detmold : Lipp. Landesbibliothek, 2012. - 163 S. : Ill., graph. Darst. - (Nachrichten aus der Lippischen Landesbibliothek Detmold ; 22). - 02-14 L 8168, S. 97ff. - https://digitale-sammlungen.llb-detmold.de/content/pageview/9000331
  • Cordula Gröne: Komponist mit Nazi-Vergangenheit. - Lippische Landes-Zeitung 10.8.2018. -

Weblinks

Status der Seite

Quelle:

15.3.2024 angelegt

Fußnoten

  1. Holwitt in LLZ 1982.
  2. Speckmann , S. 102.
  3. LLZ 3.12.1898, https://zeitpunkt.nrw/ulbms/periodical/zoom/20061503?query=%22august%20weweler%22.
  4. https://zeitpunkt.nrw/ulbms/periodical/zoom/18928654?query=%22august%20weweler%22.
  5. https://zeitpunkt.nrw/ulbms/periodical/zoom/20063038.
  6. Willi Schramm: Der Oratorienverein Detmold. - In: Ders., Schriften zur Geschichte der Musik in Lippe. Detmold 2021, S. 408. https://digitale-sammlungen.llb-detmold.de/content/pageview/8850610.
  7. Mehr dazu in: Clemens Grossjohann: Festschrift zur 50jährigen Jubelfeier des Lippischen Sängerbundes ... Detmold : Meyer, 1925, S. 97-98. https://digitale-sammlungen.llb-detmold.de/content/pageview/813415.
  8. Zitiert nach Speckmann, S. 109.
  9. Speckmann ...S. 110.
  10. Speckmann 112.
  11. Zitiert nach Speckmann S. 100.
  12. Vgl. Glabica S. 102.
  13. Lotte Weweler geb. Ratajewski (* 1900, † Bielefeld Januar 1996), vgl. Speckmann S. 122.
  14. Zitiert nach Speckmann ... S. 99.
  15. Ebd. S. 117.
  16. Speckmann, S. 116-117.
  17. Besprechung: https://zeitpunkt.nrw/ulbms/periodical/zoom/20063617?query=%22august%20weweler%22