Kriegerdenkmäler in Lippe

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Etwa 120 Kriegerdenkmäler sind während der Weimarer Republik im Freistaat Lippe errichtet worden, die weitaus meisten in den Jahren 1921 bis 1923.

Geschichte

Fürstentum und Freistat Lippe umfassten in etwa den heutigen Kreis Lippe. Zum Kreis Lippe gehören seit 1970 die während des Weltkrieges zum Königreich Preußen gehörende Stadt Lügde und die Gemeinden Harzberg und Kempen-Feldrom, die in der Bundesrepublik zum Kreis Höxter gehörten. Das historisch zu Lippe gehörige Grevenhagen ist 1970 an den Kreis Höxter abgegeben worden. Die Kriegerdenkmäler in diesen Orten sind ebenfalls berücksichtigt worden.

Bis zum 12. November 1918 (Abdankung Fürst Leopolds IV.) war Lippe ein Fürstentum und als deutscher Bundesstaat seit 1871 Teil des deutschen Kaiserreiches. Die lippischen Soldaten zogen also für Kaiser, Fürst und Vaterland in den Ersten Weltkrieg. Das Fürstentum Lippe unterhielt keine eigenen Militäreinheiten, weil es 1873 die Militärhoheit an das Königreich Preußen abgetreten hatte. Die lippischen wehrdienstpflichtigen Männer dienten deshalb vor allem in preußischen Regimentern. Hervorzuheben ist das Infanterie-Regiment 55, in dem traditionell viele Lipper ihren Militärdient ableisteten. Sein III. Bataillon war in Friedenszeiten in Detmold stationiert.

Das Fürstentum Lippe war dem preußischen VII. Armee-Korps unterstellt, das sein Hauptquartier in Münster hatte. Ein Großteil der lippischen Männer diente während des Krieges so in den preußischen Divisionen 13 und 14, die das VII. Armeekorps bildeten. Das Armeekorps kämpfte während des Krieges ausschließlich an der Westfront.

Etwa 120 Kriegerdenkmäler sind während der Weimarer Republik im Freistaat Lippe errichtet worden, die weitaus meisten in den Jahren 1921 bis 1923. In der Regel wurden sie auf Grund privater Initiativen geplant, finanziert und errichtet. Als treibende Kräfte erscheinen regelmäßig Lehrer, Pastoren, Gutsbesitzer, Fabrikanten, Geschäftsleute und die Kriegervereine. Über Standort und Gestaltung wurde jeweils ein möglichst breiter Konsens in den Gemeinden angestrebt, indem etwa verschiedene Denkmalsentwürfe zur Auswahl gestellt und in Dorfversammlungen über Standorte und Entwürfe entschieden wurde. Die Organisation übernahm ein Denkmalsausschuss, der auch die nötigen Gelder einwarb.

Nach Fertigstellung übergab der Denkmalsausschuss während der feierlichen Denkmalseinweihung das Denkmal in die Obhut der Stadt oder Gemeinde, der Schulgemeinde, der Kirchengemeinde, der Friedhofsgemeinde, die feierlich versprachen das Denkmal zukünftig zu behüten. Die Einweihung fand meist am Karfreitag, an Pfingsten oder am Totensonntag statt.

Besonders in den 1920er Jahren bis zur Inflation gab es einen (schon damals beklagten) Wettbewerb zwischen den Dörfern und Städten um das prächtigste und größte Kriegerdenkmal. Weil es im Freistaat Lippe, anders als im preußischen Westfalen, keine Beratungsstelle für Kriegerehrung gab, die normierend oder mäßigend wirkte, entstand in Lippe eine bunte Kriegerdenkmalslandschaft. Die preußische Beratungsstelle war bereits 1916 in Münster vom Stellvertretenden Generalkommando gegründet worden; eine ihrer führenden Figuren war Max Sonnen, einer der Väter der „Weserrenaissance“.

Die Lippischen Denkmalsgründer waren häufig deutschnational gesinnt. Sie standen unter dem Eindruck der militärischen Niederlage vom November 1918, dem Tod von 2 Millionen deutscher Soldaten, dem Verlust der Monarchie durch die Revolution im November 1918 und dem als Schmach und Demütigung empfundenen Vertrag von Versailles von 1919. Später wirkte auch die Depression nach dem ökonomischen Absturz durch die Inflation. Für sie hatten die Kriegerdenkmäler, so lassen die während der Einweihungsfeiern gehaltenen Reden** vermuten, drei wichtige Funktionen:

  1. Sie erinnerten sie an die Männer, die ihr Leben als ein aktives Opfer für ihr Vaterland gegeben hatten. Sie sollten auf den Denkmälern ein stets sichtbares Vorbild für die nachfolgenden Generationen bilden.
  2. Die Denkmäler sollten der Gegenwart, die als schwer erträglich und trostlos empfunden wurde, in Bezug auf den politischen, ökonomischen und militärischen Stand Deutschland nach Innen und Außen, als ein nach damaligem Diktion „Trostzeichen“ dienen. „Trostzeichen“ insoweit, da die Denkmäler ja von einer Zeit berichteten, in der Deutschland eine glänzende Monarchie war und ökonomisch und vor allem militärisch, groß und mächtig war und mit anderen Nationen im Kampf um Weltgeltung und Weltherrschaft stand. Konnte man doch an den Denkmälern ablesen, an welch bis dahin unbekannten Orten und weit entfernten Ländern, ja Kontinenten und Meeren die Männer aus dem Dorf gekämpft hatten und gestorben waren. Und keiner der zahlreichen Feinde in dem großen Ringen hatte es bis zum November 1918 geschafft, die Grenzen des Vaterlandes dauerhaft zu übertreten.
  3. Die Denkmäler sollten zur »Einigkeit« aufrufen, weil deren Gegenteil die Niederlage im November 1918 herbeigeführt hätte: der Verrat der kämpfenden Front durch die Heimat (»Dolchstoßlegende«), das Agitieren der Politiker, der demokratischen Parteien und der Gewerkschaften. Diese imaginierte Einheit, so der Tenor vieler Redner während der Denkmalseinweihungen, vermöchte »allein das deutsche Volk wieder groß und stark (zu) machen.«

So äußerte sich Superintendent Albert Doht bei der Einweihung des Kriegerdenkmals in Herrentrup am 4. April 1923:

»Was will das Denkmal uns Lebenden sagen? Es ist ein sinniger, tief im Herzen ansprechender Gedanke, der durch die beiden Gestalten, die dieses Denkmal krönen, seinen Ausdruck, seine Verkörperung gefunden hat: den kampfbereiten Krieger und den betenden Krieger. Seid kampfbereit! so ruft der eine Krieger uns zu. Jetzt liegt unser Vaterland da, bedeckt mit Schmach, bedrückt von dem Uebermut und der Rachsucht und Habgier der Feinde. Wird aber immer solche Schmach, solche Not auf uns lasten? wird nie ein Tag des Lichtes anbrechen nach der dunklen Nacht, die jetzt über uns lagert? Schien nicht am Karfreitag Jesu Sache ganz verloren zu sein? Hat nicht der Herr gesiegt am Ostermorgen? Ob jetzt auch Karfreitagsleid uns quält, wir wollen dennoch hoffen auf deutsche Ostern! auf eine Zeit, da das deutsche Volk seine Freiheit, seine Machtstellung wiedergewinnen wird.«[1]


1926 ist in Detmold auf Betreiben ehemaliger Angehöriger des Infanterie-Regiments 55 ein Regimentsdenkmal errichtet worden. Das Regiment, Teil der preußischen 13. Division, hatte während des Krieges ausschließlich in Frankreich gekämpft. Das Denkmal gibt die Verluste mit 132 Offiziere und 4128 Unteroffiziere und Mannschaften an. Diese Verluste eines deutschen Regimentes im Ersten Weltkrieg waren nicht ungewöhnlich. Das Denkmal führt auch wichtige Stationen der Westfront auf; darunter Neuve Chapelle. Bei Neuve Chapelle hat das Regiment am 9. Mai 1915 seinen blutigsten Tag des Krieges erlebt. Die meisten der über 200 Toten dieses Tages ruhen auf dem Soldatenfriedhof Illies in 3 Massengräbern und einigen Einzelgräbern. Viele lippische Dörfer und Städte haben an diesem und den folgenden Tagen Tote zu beklagen gehabt, so dass auf vielen Kriegerdenkmälern das Datum 9.5.1915 zu finden ist. Noch Jahre später wird in lippischen Zeitungen dieses Tages gedacht. Hätte das deutsche Kaiserreich den Krieg siegreich beendet, wäre für das Fürstentum Lippe der 9. Mai 1915 sicher ein wichtiger Gedenktag geworden.

Der auf vielen Kriegerdenkmälern zu findende Spruch Den Gefallenen zur Ehre, den Lebenden zur Erinnerung, den Kommenden zur Mahnung, sollte heute nicht falsch verstanden werden. Mahnung heißt hier nicht „Mahnung zu Frieden und Verständigung“, sondern „Mahnung zu Einigkeit“, d. h. Mahnung zur Kriegsbereitschaft und -fähigkeit. Diese Kriegerdenkmäler rufen nicht zum Frieden auf. Das unterstreicht auch ihr Schmuck, der bei Stahlhelm und Seitengewehr anfängt und über Gewehr und Handgranate bis zur Darstellung eines Nahkampfes zwischen deutschen und englischen Soldaten geht.

Nach ihrer Errichtung waren die Denkmäler jeden Totensonntag (und seit 1926 jeden Volkstrauertag) Treffpunkte vor allem von Revanchisten, die sich mit den Folgen des Ersten Weltkrieges und dem Vertrag von Versailles nicht abfinden konnten oder wollten und denen die Weimarer Demokratie verhasst war.

Nach 1945 wurden viele dieser Denkmäler um die Jahreszahlen eines weiteren Krieges erweitert und um die Namen der Gefallenen im zweiten Weltkrieg ergänzt. Viele werden bis heute weiter am Volkstrauertag mit Kränzen geschmückt.

LippeLex-Seiten zum Thema

In LippeLex sind die von Georg Heil zusammengestellten Informationen von der Seite Kriegerdenkmäler in Lippe integriert (Stand 11/2023). Das Projekt war begonnen als eine Dokumentation zur einhundertsten Wiederkehr des Beginns des Ersten Weltkriegs am 1. August 1914.

Einzelseiten zu Kriegerdenkmälern in Lippe

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Literatur

Weblinks

Status der Seite

Quelle: Webseite von Georg Heil www.kriegerdenkmäler-in-lippe.de (2023)

11.10.2023 angelegt

Fußnoten

  1. Lippische Landes-Zeitung, 6.4.1923.