Cothmann, Hermann (1629-1683)

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Hermann Cothmann (* 1. Mai 1629 in Lemgo; † 4. Februar 1683 ebenda) ist als »Hexenbürgermeister« von Lemgo bekannt. Er war seit 1667 bis zu seinem Tod 1683 bis auf zwei Jahre durchgehend Bürgermeister von Lemgo und ist Hauptverantwortlicher der letzten Phase der Lemgoer Hexenprozesse.

GND http://d-nb.info/gnd/122973542
Andere Namen
Geburtsdatum 1.5.1629
Geburtsort Lemgo
Sterbedatum 4.2.1683
Sterbeort Lemgo
Bekannt als (Tätigkeitsfeld) Bürgermeister, Jurist
Lippe-Bezug
Beziehung zu Personen
  • seit 12.2.1663 verheiratet mit Christina Elisabeth de Baer
Beziehung zu Institutionen
  • Stadt Lemgo als Bürgermeister
Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Hermann_Cothmann

Leben

Geboren als Sohn von Diderich Cothmann und Catharina Goehausen. Die Eltern gehörten beide geachteten Lemgoer Familien an. Sie waren Kaufleute und kauften 1625 das heute als »Hexenbürgermeisterhaus« bekannte Haus in der Lemgoer Neustadt; die Kaufsumme von 250 Talern lieh der Bruder von Catharina, Dr. Hermann Goehausen, Schaumburgischer Rat. Doch Diderichs Handelsunternehmung blieb ohne wirtschaftlichen Erfolg (Zeit des 30jährigen Krieges!); die Schulden des Vaters waren 1656 auf 1.000 Taler angewachsen. 1652 begann in Lemgo ein Hexenprozess, in den 1654 auch Hermann Cothmanns Mutter Catharina hineingezogen, der Hexerei angeklagt und schließlich hingerichtet wurde.

Hermann besuchte die Schulen in Lemgo, Osnabrück und Herford und studierte anschließend insgesamt acht Semester Jura, von 1649-1651 in Rostock und 1657-1659 wie sein Bruder Johann Franz in Jena. Dazwischen war er als Hofmeister bei einer Adelsfamilie auf Rügen tätig. »Geldmangel und soziale Isolation – der schlechte Ruf seiner hingerichteten Mutter hing ihm an – trübten die Studienzeit.«[1]

Nach dem Tod es Vaters 1658 kehrte Hermann 1661 nach Lemgo zurück. Vor den Gläubigern des Vaters rettete ihn die Heirat mit der begüterten Christina Elisabeth de Baer 1663; das schon zur Zwangsversteigerung vorgesehene Haus blieb im Besitz der Familie.

Hexenverfolger und Bürgermeister

Im Jahr 1665 begann durch die Selbstbezichtigung eines jungen Mädchens eine neue Phase der Lemgoer Hexenprozesse. Indem der langjährige Bürgermeister Kerkmann Cothmann zum Direktor des peinlichen Gerichts machen ließ – am 16. Januar 1666 wurde er vereidigt –, designierte er ihn praktisch zu seinem Nachfolger. Damit hatte Cothmann Eintritt in den Machtzirkel Lemgos gefunden; die Führungsspitze des Rates war »selbst für frühneuzeitliche Verhältnisse völlig überaltert«.[2] 1666 starben Kerkmann und zwei weitere Bürgermeister, Wippermann und xxx. Der vierte Bürgermeister, Kleinsorge, wurde nicht wiedergewählt. Cothmann trat in das Machtvakuum und wurde 1667 als Bürgermeister Lemgos gewählt, einen Posten, auf den er jährlich (mit Ausnahme der Jahre 1669 und 1674) bis zu seinem Tod wiedergewählt wurde.

In den Hexenprozessen erwies er sich als unnachgiebiger Verfolger. Eine echte Opposition gab es nicht, da Cothmann mit dem gräflichen Kanzler Tilhen verwandt war, der die Berufungsinstanz vertrat. Wer zur Besonnenheit mahnte, wie der Pfarrer Andreas Koch, wurde der Zauberei angeklagt und geköpft. Belastendes Zeugnis dazu holte man sich durch die Folter von anderen. Auf 37 Justizmorde kam die Bilanz von 1666, 27 weitere folgten im Jahr 1667.

Als eine satirische Schmähschrift erschien, welche die Lemgoer Praxis anprangerte, wurde diese den Brüdern Kleinsorge zugeschrieben und diese wurden verfolgt. Während der jüngere sich der Verfolgung durch Flucht in den Heeresdienst entzog, wurde der ältere Kleinsorge verhaftet und angeklagt. Er saß drei Jahre in Haft. Graf Simon Henrich hatte jedoch die Untersuchung dem Lemgoer Rat entzogen und zwei Detmolder Kommissare beauftragt. Während der Untersuchung ruhten die Hexenprozesse. Nachdem Kleinsorge freigesprochen war, nahm Cothmann die Verfolgung wieder auf, vermutlich in der Hoffnung, auch belastendes Zeugnis gegen Kleinsorge zu erpressen. Im Jahr 1669 wurden noch 8 Menschen hingerichtet, darunter der Lemgoer Apotheker Wellmann, der die Zaubereianklagen „für eitel Phantasey“ erklärt hatte.

Im Urteil der Forschung hat Cothmann die Hexenverfolgung für den Kampf gegen politische Gegner und zur persönlichen Bereicherung genutzt. War er bis zum 30. Lebensjahr verschuldet gewesen, so besaß er am Ende seines Lebens drei Häuser, 22 Gärten und Ländereien um die Stadt, sowie eine Menge Schuldverschreibungen Dritter. 1675 ließ er sich selbst von allen städtischen Steuern befreien. – Daneben mag für Cothmann psychologisch bedeutsam gewesen sein, sich von der als Hexe hingerichteten Mutter abzusetzen.[3]. Die Bilanz ist jedenfalls erschreckend: In den Jahren 1665-1669, 1675/76 und 1681 fielen den Hexenverfolgungen rund hundert Menschen zum Opfer, davon der überwiegende Teil unter Cothmanns Verantwortung. Unter den Hingerichteten waren überdurchschnittlich viele Männer und Angehörige der oberen bürgerlichen Schichten.

Im Jahr 1678 klagten elf Lemgoer Bürger öffentlich über Cothmanns Willkür bei der Festsetzung der öffentlichen Abgaben vor Graf Simon Henrich. Damit wandten sie sich zugleich gegen die Korruption Cothmanns. Der Landesherr unterstützte jedoch den Lemgoer Bürgermeister, ließ die Ankläger ins Gefängnis werfen und verurteilte sie zu je 100 Talern Strafe.

Das letzte Aufflackern der Lemgoer Hexenprozesse geschah 1681. Die zweite Beklagte war Maria Rampendahl, Ehefrau eines Lemgoer Barbiers. Da sie unter Folter nicht gestand, wurde sie nur des Landes verwiesen, wohin ihr Mann ihr folgte. Von dort verklagten sie den Lemgoer Rat und den Landesherrn beim Reichskammergericht. Der Prozess endete am 30. Oktober 1682 ohne eine Verurteilung der Beklagten; jedoch sollten Graf und Stadt die Hälfte der Prozesskosten tragen, was für einen solchen Prozess »höchst ungewöhnlich« war.

Cothmann selbst starb nach längerer Krankheit am 4. Februar 1683.

Literatur

  • Weland, Johann: Ruhm-würdiges Andencken Des ... Hn. Hermann Cothmann / Hochgräfl. Lipp. ansehnlichen Land=Raths und wolverdienten älteren Bürgermeistern und Scholarchen hieselbst ... [Leichenpredigt], Lemgo 1683
http://resolver.sub.uni-goettingen.de/purl?PPN827125445
  • Hermann Cothmann (1629-1683) : der »Hexenbürgermeister« von Lemgo. - In: Menschen vom lippischen Boden : Lebensbilder / hg. von Max Staercke. - Detmold : Meyer, 1936. - S. 72-75.
https://digitale-sammlungen.llb-detmold.de/content/pageview/6432189
  • Karl Meier-Lemgo: Cothmann, Hermann. In: Neue Deutsche Biographie (NDB). Band 3. Berlin : Duncker & Humblot, 1957, S. 376.
https://www.deutsche-biographie.de/gnd122973542.html#ndbcontent
  • Rügge, Nicolas: Cothmann, Hermann. Aus: Lexikon zur Geschichte der Hexenverfolgung, hrsg. v. Gudrun Gersmann, Katrin Moeller u. Jürgen-Michael Schmidt, in: historicum.net, 13.12.1999
http://www.historicum.net/no_cache/persistent/artikel/1587/ bzw. https://web.archive.org/web/20140508171258/http://www.historicum.net/themen/hexenforschung/lexikon/alphabethisch/a-g/art/Cothmann_Herma/html/artikel/1587-1/ca/baf13aa77d/
  • Nicolaus Rügge: Hermann Cothmann. Der „Hexenbürgermeister“ von Lemgo (= Lemgo. Persönlichkeiten.). - Lemgo : Landesverband Lippe, 2007. - 42 S. : Ill.
01-18 L 7328

Weblinks

Status der Seite

Quelle: Menschen 1936, Rügge 1999

15.05.2023 angelegt

Fußnoten

  1. Rügge 1999.
  2. Rügge 1999.
  3. Menschen 1936, S. 74; Rügge 1999.