Steinecke, Walter (1888-1975)

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Walter Steinecke, 1934
Bild: Lippischer Kalender, 1934

Walter Steinecke (* 7. März 1888 in Pützlingen (bei Halberstadt); † 1. Juli 1975 in Hiddesen) war ein Künstler, Soldat und Politiker, von 1929-1945 NSDAP-Mitglied und Parteifunktionär in verschiedenen Ämtern.

GND http://d-nb.info/gnd/128713828
Andere Namen Steinecke, Ernst Walter (voller Name)
Geburtsdatum 7.3.1888
Geburtsort Pützlingen
Sterbedatum 1.7.1975
Sterbeort Hiddesen
Bekannt als (Tätigkeitsfeld) Künstler, Politiker, NSDAP-Funktionär
Lippe-Bezug
Beziehung zu Personen
  • ⚭ Lemgo 6.4.1916 (Babette Elise Margarethe) Grete geb. Höland († Lemgo 17.3.1962)[1]
  • ⚭ Detmold 2.1.1963 Margarete geb. Eilers († Detmold 19.3.1977)[2]
  • befreundet mit Alfred Meyer
Beziehung zu Institutionen
Wikipedia https://de.wikipedia.org/wiki/Walter_Steinecke

Leben

Steinecke wurde am 7. März 1888 in Pützlingen bei Halberstadt geboren. Sein Vater war der Pfarrer Hermann Steinecke, seine Mutter Emilie geb. Reif. Er wuchs auf im Pfarrhaus des Dorfes Hesserode (bei Nordhausen) und besuchte die Gymnasien in Nordhausen und Erfurt.

Nach der Schule trat er 1908 als Fahnenjunker beim 1. Westpreußischen Pionier-Battalion Nr. 17 in Thorn ein. Er besuchte die sogenannte »Kriegsschule« in Engers am Rhein. 1909 wurde er Leutnant. Er wechselte 1912 an die Militärtechnische Akademie in Berlin, wo er bis zum Weltkriegsbeginn 1914 war. In Berlin erhielt Steinecke Einladungen in Salons und kam mit bekannteren Künstlern in Kontakt, wie etwa Lovis Corinth.

Als Soldat nahm am ersten Weltkrieg Teil in Einsätzen an der Front in Ostpreußen, Polen und Frankreich. Er erhielt das Eiserne Kreuz I. Klasse und II. Klasse und wurde verwundet. Im Mai 1918 wurde er Hauptmann. Er wurde verabschiedet zum Revolutionsbeginn.

1916 heiratete er Grete Höland, die Tochter des langjährigen Lemgoer Bürgermeisters Ernst Höland; er hatte sie 1910 bei einem Besuch in Lemgo kennengelernt. Das Paar zog nach Lemgo, und Steinecke studierte 1919-1920 an der Kunstakademie in Kassel, in der Meisterklasse von Professor Rudolf Siegmund (1881-1973).

Anschließend war er in Lemgo als freiberuflicher Grafiker und Maler tätig. Seine Frau Grete war Schriftstellerin und Porzellanmalerin. Sie gründeten zusammen Anfang der 20er Jahre in Lemgo den Verlag Abraxas gegründet, in dem die eigene Produktion angeboten wurde: Holzschnitte, Radierungen, Scherenschnitte und Exlibris sowie von ihm und seiner Frau gestaltete Bücher und Mappen. Es gelang ihm, sich als Künstler zu etablieren; dabei wahrte er Distanz zu den lippischen Künstlerinnen und Künstlern. Er nahm nicht an deren Ausstellungen teil und trat keiner Künstlervereinigung bei, also z.B. auch nicht dem Lippischen Künstlerbund.

Steinecke während der NS-Zeit

1929 trat Steinecke in die NSDAP ein. Im März 1931 wurde er Leiter der NSDAP-Ortsgruppe Lemgo, deren organisatorische Mängel er beseitigte. Im Februar 1932 hatte er einen Organisationsplan der NSDAP für Lippe erarbeitet. Im Oktober 1932 wurde er von Gauleiter Meyer als Landesleiter der NSDAP für Lippe berufen. Entsprechend war er für den Wahlkampf bei der lippischen Landtagswahl am 15.1.1933 zuständig, bei der die gesamte NSDAP-Parteiführung in Lippe auftrat. Er wurde Fraktionsführer der NSDAP-Fraktion im Lippischen Landtag. Seit der Reichstagswahl 1933 war er zudem Mitglied des Deutschen Reichstags für die NSDAP. Nach der NSDAP-Machtergreifung wurde Steinecke 1933 zum Direktor des Arbeitsamtes in Detmold ernannt, blieb dies aber nur einige Monate. Innerhalb der NSDAP wurde er Gaukommissar und war in dieser Funktion für die Gleichschaltung der Vereine zuständig. Also solcher sorgte er für die Auflösung des Lippischen Künstlerbundes.

»Mitte der 1930er Jahre kam es zu einem dramatischen Karriereknick«.[3] Steinecke wurde vorgeworfen, an Trinkgelagen beteiligt gewesen zu sein und Mitarbeiterinnen sexuell bedrängt zu haben; zudem wurde der Verdacht der Unterschlagung geäußert. Gauleiter Meyer hielt jedoch seine schützende Hand über den Freund; Steinecke wurde sogar zum Gauamtsleiter in Münster befördert. In Lemgo wurde Steinecke 1937 Beigeordneter und stellvertretender Bürgermeister. Nach Kriegsbeginn begleitete er den Gauleiter und Reichsstatthalter Meyer auf Reisen, u.a. ins besetzte Dänemark und Norwegen.

Mit dem Eintritt in die NSDAP begann Steinecke auch künstlerisch für die Partei zu wirken und schuf Grafiken für den Einsatz auf Plakaten und Werbezetteln. So stammt das bekannte Motiv Hakenkreuz über Lippe von ihm.[4]

Internierung in Staumühle 1945-1947

Im April 1945 wurde Steinecke verhaftet und in das Internierungslager Nr. 5 in Staumühle gebracht. Er war dort von 1945 bis 1947 interniert. 1948 veröffentlichte er das Buch Köpfe hinter Stacheldraht mit einer Auswahl seiner Porträtzeichnungen aus dem Lager; 1955 einen Erinnerungsband. Wie Scheffler zusammenfasst, zeugen die Texte von Ressentiments gegen die Siegermächte und sind »von großer Larmoyanz geprägt, wenn der Alltag der Internierten im Lager dargestellt wird«.[5]

Nachkriegszeit

1947 wurde Steinecke entlassen und konnte nach Lemgo zurückkehren. Er arbeitete als Maler und Grafiker und nahm auch die Verlagsarbeit wieder auf. Mit der Rückkehr zur »Heimatkunst« gelang es Steinecke, wieder als lippischer Maler wahrgenommen zu werden und dafür zu sorgen, dass in der Öffentlichkeit seine nationalsozialistische Vergangenheit keine Rolle spielte.

»Selbst ein ehemaliger Funktionär wie Walter STeinecke, der sich als Angehöriger der regionalen NS-Elite in der Öffentlichkeit stark exponiert hatte und in den Nachkriegsjahren jegliche selbstkritische haltung vermissen ließ, konnte auf den Verschwiegenheitskonsens der 1950er Jahre vertrauen.«[6]

Arbeiten Steineckes aren in den 1960er und 1970er Jahren in einer Reihe von Verwaltungsgebäuden und Einrichtungen zu sehen, wie z.B. im Lemgoer Finanzamt oder im Blomberger Rathaus. In den lippischen Zeitungen erschienen zu seinen runden Geburtstagen würdigende Artikel, und Hermann Ludwig Schaefer nahm Steinecke in seine Artikelserie von Künstlerbiographien auf, ohne darin seine NS-Vergangenheit auch nur zu erwähnen.

In den 1960er Jahren zog Steinecke mit seiner zweiten Frau Margarete nach Hiddesen. Er starb 1975, Margarethe zwei Jahre später. Sie hinterließ aus ihrer ersten Ehe einen Sohn, Prof. Enno Christophers.

Werke

Selbständige Veröffentlichungen

  • Die lippischen Schützen : eine heitere Bildfolge in sechs handkolorierten Radierungen. - 2. Aufl. - Lemgo : Selbstverl., 1954. - 9 Bl. : überw. Ill.
02-SW 1069.4° Sep.
  • "Auf der Insel Staumühle..." : die Geschichte einer Gefangenschaft im deutschen Vaterland. - 1. Aufl. - Lemgo : Steinecke-Abraxas-Verl., 1955. - 92 S., [31] Bl. : zahlr. Ill.
ZXWS 111
  • Siebzig Jahre Licht und Schatten. - 1. Aufl. - Lemgo : Steinecke-Abraxas-Verl., 1958. - 43 S., Bl. a - k : Ill.
L 603+2 (Widmungsexemplar Walter Steinecke)

Werke mit Grafiken

  • Habicht, Victor Curt: Virgils Vision : Ekloge. - Lemgo : Abraxas-Verl., 1924. - 18 S. : Ill.
02-D 928h
  • Jäger, Max: Die Philosophie der Frau. - Lemgo : Abraxas-Verl., 1924. - 114 S. : Ill.
01-PP 169u
  • Kees, Egon: Träume von Walter Steinecke. - Lemgo : Abraxas-Verl., 1924. - 38 S. : Ill.
01-D 1060b [mit Holzschnitten Steineckes]
  • Ka?. - Lemgo : Abraxas-Verl., 1926. - 42 S. : Ill.
02-KA 528 Nr 6 Literaturarchiv
  • Lemgo : ein neuzeitlicher Führer. - Lemgo : Abraxas-Verl., 1927. - 47 S. : Ill., Kt.
02-18 L 9065
  • Führer durch die alte Hansestadt Lemgo. - [ca. 1930]. - 24 S. : Ill.
02-L 112
  • Steinecke, Grete (Hg.): Wir Lipper. - Detmold : Lippische Staatszeitung, 1933. - 46 S. : Ill.
01-D 1410v+1
  • Aus der Hermannsschlacht von Christian Dietrich Grabbe. - [S.l.], 1937. - [34] Bl. : überw. Ill.
02-GA 28.1937.2° Literaturarchiv
  • Der Gau Westfalen-Nord. - Detmold : Lippische Staatszeitung, 1939. - 386 S. : zahlr. Ill.
02-St 4026.4°

Literatur

  • Marckwort, Gustav: Walter Steinecke. - In: Heimatland : Illustrierte Blätter für Heimatkunde des Kreises Grafschaft Hohenstein, des Eichsfeldes und der angrenzenden Gebiete. - 1923, Sonderh. - 15 Bl. : überw. Ill.
LZ 237.4-2430
  • Schaefer, Hermann Ludwig: Walter Steinecke. - In: Lippische Landes-Zeitung. - 190 (1956),228 vom 29.9., S. [6]
LZ 35.2(1956,228)
  • Bartelt, Fritz: Der Lemgoer Maler und Radierer Walter Steinecke zu Besuch bei Karl Junker. - In: Lemgoer Hefte. - 1 (1978),2, S. 22-23 : Ill.
LZ 433.4(1978)
  • Scheffler, Jürgen: Walter Steinecke (1888 - 1975). - In: Anpassung - Überleben - Widerstand : Künstler im Nationalsozialismus ; [Ausstellung des LWL-Museumsamtes in Kooperation mit: Stadtmuseum Münster: 18.11.2012 -01-04.2013 ; Lippisches Landesmuseum Detmold: 03.05. -28.07.2013 ; Erinnerungs- und Gedenkstätte Wewelsburg 1933 -1945: 15.09. - 24.11.2013 ; Städtische Galerie Iserlohn:29.11.2013 - 16.02.2014 ; Museen der Stadt Lüdenscheid: 28.02. - 18.05.2014 ; Kunstmuseum Wilhelm-Morgner-Haus Soest: 25.05. - 06.07.2014] / hrsg. von Klaus Kösters. - Münster : Aschendorff, 2012. - S. 202 - 210 : Ill.
ZXHR 167
  • Jürgen Scheffler: Völkische Bewegung, Heimatkunst und NS-Propaganda : der Künstler Walter Steinecke (1888-1975). - In: Das historische Erbe in der Region : Festschrift für Detlev Hellfaier / hg. von Axel Halle, Harald Pilzer, Julia Hiller von Gaertringen, Joachim Eberhardt. - Bielefeld : Aisthesis, 2013. - S. 299-314.
ZXHO 156

Weblinks

Status der Seite

Quelle: Scheffler 2013

24.09.2022 angelegt

Fußnoten

  1. Todesanzeige LLZ 19.3.1962.
  2. Todesanzeige LLZ 23.3.1977.
  3. Scheffler 2013, S. 307.
  4. Das Bild (SA-Mann mit Hakenkreuzfahne vor Lemgoer Silhouette) ist zu sehen auf dem Umschlag des Ausstellungskatalogs Hakenkreuz über Lippe von 1983. Siehe hier: https://digitale-sammlungen.llb-detmold.de/content/titleinfo/8076621.
  5. Scheffler 2013, S. 312.
  6. Scheffler 2013, S. 314.