Schwalenberg (Stadt)
Autor: Herbert Stöwer
Schwalenberg ist seit 1970 ein Ortsteil der Stadt Schieder-Schwalenberg .
Schwalenberg | |
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GND | |
Teil von | Stadt Schieder-Schwalenberg |
Wikipedia |
Geschichte
Historische Entwicklung | |
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Gemeindefläche | 7,21 qkm (1961); 7,21 qkm (1968); 14,08 qkm (1990) |
Ehemaliges Amt | paderbornisch-lippisches Samtamt Schwalenberg (1358-1808); dann Amt Schwalenberg (1808-1879) |
Kirchengemeinde | Schwalenberg (1875 und früher) |
Einwohnerzahl | 345 (1590*), 478 (1776), 922 (1939), 1.579 (1950), 1.623 (1970), 1.742 (1991), 1.647 (2001), 1.624 (2004), 1.731 (2007) |
Urkundliche Überlieferung und Siedungsgeschichte
Schwalenberg gehört zu den planmäßigen Stadtgründungen des frühen 13. Jahrhunderts. Es ist eine Gründung der Schwalenberger Grafen, die ihren Sitz zu dieser Zeit von der Schwalenburg (Oldenburg) nach hier verlegt haben. Die Schwalenberger, die erstmals zu Beginn des 12. Jahrhunderts in Erscheinung traten, konnten sich zunächst vor allem auf Grafschaftsrechte in den Gauen Wetigau und Tilithi sowie auf die Paderborner Stiftsvogtei (1124-1189) und Vogteien über Corvey und Herford stützen.
Die älteren urkundlichen Erwähnungen der Örtlichkeit Schwalenberg beziehen sich ohne Zweifel auf die Oldenburg, in deren Nähe 1128 das Kloster Marienmünster von Graf Widekind I. von Schwalenberg gegründet wurde, wo die Gründer wohl auch ihre letzte Ruhe fanden. Dass die Oldenburg die alte Burg Schwalenberg ist, zeigt besonders deutlich eine Urkunde des Bischofs von Hildesheim aus dem Jahre 1189, die beurkundet, dass Güter in Brockhusen bei Schwalenberg, die vom Bischof zu Lehen gingen, dem Kloster Marienmünster »juxta praedictum locum« verkauft wurden. Bei Brockhausen, das im Raum Schwalenberg nicht identifiziert werden kann, handelt es sich wohl um eine Wüstung in der Nähe von Marienmünster. In der Schwalenberger Feldmark lassen sich ebenfalls Wüstungsfluren nachweisen, die teilweise von den Nachbargemeinden auf Schwalenberg übergreifen, wie z. B. Hessehusen (erw. 1322, 1358/ 1360, Flurname Hessenfeld) östlich von Lothe und Dudenhusen (erw. 1358/60, Flurname Duderfeld) im Grenzbereich Lothe-Ruensiek und schließlich Eblinchusen (erw. 1365, Flurname Eblinchuser Feld) in der Nähe des Salkenbruchs südlich von Schwalenberg. Ferner konnte eine Siedlung westlich des Kreienbergs archäologisch für das 9. bis 14. Jahrhundert durch Funde nachgewiesen werden. Entsprechende Funde liegen bei den anderen Wüstungen außer Dudenhusen ebenfalls vor. Zu erwähnen ist noch die »Wüste Kirche« im Schwalenberger Wald, die man mit dem Kloster Borchhagen, dem Vorläufer des Klosters Falkenhagen, in Verbindung bringen wollte, was durch archäologische Untersuchungen nicht bestätigt werden konnte.
Unter Volkwin III. ist zu Beginn des 13. Jahrhunderts der Name Schwalenberg dann auf die weithin sichtbare heutige Burg auf dem Burgberg über dem Steinheimer Becken und die dabei entstehende Siedlung, die sich wie ein Schwalbennest an den Hang schmiegt, übertragen worden.
Im Archidiakonatverzeichnis von 1231 wird Schwalenberg bereits als Stadt (oppidum) und Kirchspiel genannt. Die Schwalenberger Grafen legten für die städtische Siedlung anscheinend ebenfalls das von den lippischen Städten bekannte Dreistraßenschema (dargestellt durch: Untere Straße, Mittelstraße und Klingenberg) zugrunde, wenngleich dafür am Hang des Burgberges nur wenig Raum zur Verfügung stand und der Grundriss nach Norden in einer Sackgasse mündete. Der Durchgangsverkehr führte im Süden am Ort vorbei. Von dort erschloss sich der Zugang durch das Alte Tor. Das Neue Tor öffnete den Weg von der Stadt zum Mörth nach Osten. Die Hagenpforte am Klingenberg zeigte den Weg zur Burg. Zur Mühle führte die Mühlenpforte. Es fehlt die sonst übliche zentrale Lage des Rathauses und der Kirche, ferner auch die Stadtmauer. Ein Knick und Plankenwerk musste den Schutz für die Einwohner gewährleisten. 1693 wurde diese Umgrenzung beseitigt. Um 1230 war sicherlich auch schon in der Stadt eine Münzstätte der Schwalenberger Grafen in Betrieb.
In undatierten Urkunden von ca. 1258 bzw. 1260 werden erstmalig Bürger und Ratsherrn in Schwalenberg genannt, ein plebanus bereits 1242, wenn man von einem »sacerdos« (Priester) im Jahre 1228 absieht, der wohl auch schon im Ort als Geistlicher tätig war. Eine Burgkapelle mit einem Altar des Hl. Georg ist 1275 bezeugt. Der Schwalenberger Pfarrbezirk ist vielleicht vom älteren Schiederschen Kirchspiel abgetrennt worden, konnte dann nach dem Verfall der Schiederschen Kirche zu Beginn des 15. Jahrhunderts vermutlich Teile des Kirchspiels übernehmen. Von Hiddenhusen (Hiddensen, Ortsteil von Eschenbruch) ist nach einer Notiz des 15. Jahrhunderts bekannt, dass es im alten Schwalenberger Kirchenbuch zu finden war. Schwalenberger Burgmannen werden 1268 bei einem Rechtsgeschäft aufgeführt, das auf der Burg Schwalenberg verhandelt worden war.
Samtherrschaftliche Verwaltung
Im 14. Jahrhundert starb das Schwalenberger Grafenhaus aus, und die Grafschaft wurde zwischen Lippe und Paderborn im Verhältnis drei zu eins aufgeteilt (vor 1323, 1358). Das führte zu einer bis zum 19. Jahrhundert bestehenden samtherrschaftlichen Verwaltung in den Ämtern Schwalenberg, Oldenburg und Stoppelberg, bei deren Auflösung das Amt Schwalenberg an Lippe fiel.
Für die städtische Entwicklung Schwalenbergs hatte die Samtverfassung negative Auswirkungen. So wurde es im 15. Jahrhundert üblich, Schwalenberg nicht mehr als »Stadt«, sondern als »Flecken« zu bezeichnen. Damit wurde die Stadt auch amtssässig und blieb es bis zum 19. Jahrhundert. Das bedeutete, dass Schwalenberg dem Amt unterstellt und dienstpflichtig war und auch nicht Sitz und Stimme bei den lippischen Landtagen beanspruchen konnte. Sonst unterschied sich die Fleckenverfassung nicht wesentlich von den Stadtverfassungen, die für die lippischen Städte bis zur Städteordnung von 1843 auch nicht einheitlich waren.
Die Stadtverwaltung wurde im Wesentlichen von einem jährlich wechselnden Rat mit einem Bürgermeister, einem Kämmerer und zwei Ratsherren bestimmt, dem der Alte Rat beigegeben war. Daneben gab es den Fleckenschreiber, die Gemeinheit, die Gemeinsherren, die Feuerherren und die Stadtdiener. Seit 1645 fanden in Schwalenberg drei Jahrmärkte statt, und zwar dem Schutzpatron der Kirche entsprechend am 24. Juni (Johannes Baptista), am 29. September (Montag vor Michaelis) und am 27. Dezember. Über die seit dem 16. Jahrhundert erteilten Fleckenprivilegien hinaus sind besondere Privilegien erteilt worden für das Brauamt 1661 und für das Schusteramt 1677 sowie für eine Apotheke 1705.
Die Burg und Zubehör (das Amt Schwalenberg) war im 15. Jahrhundert Pfandobjekt an verschiedene Adelsfamilien (Westphal, Haxthausen, Bussche, von der Lippe, Wendt, Alten und ab 1528 Mengersen). Dann diente sie zur Ausstattung lippischer Nebenlinien, wie 1559-1583 der Linie Lippe-Pyrmont-Spiegelberg, seit 1627 der Verwitweten Gräfin Magdalena geb. von Waldeck und dann bis 1762 der von ihrem Sohn begründeten Nebenlinie Lippe-Biesterfeld.
Bevölkerungsentwicklung, Wirtschaft
In der Donopschen Landesbeschreibung von 1790 wird Schwalenberg als ein Marktflecken bezeichnet, der außer einer Pfarrkirche, den Wohnungen des Predigers und des Küsters (Schule), einem Rathaus sowie herrschaftlichen Gebäuden (Burg, Amtshaus, ehem. Haus von Mengersen) aus 91 Bürgerhäusern besteht. Eine Kantorschule bestand in Schwalenberg Schon 1561, sicherlich daneben auch die sogenannte Küsterschule. Im Rathaus wird das Samtgericht abgehalten. Die Wasserversorgung des Fleckens erfolgte aus dem Stadtbrunnen, von deren Quelle im Schwalenberger Wald das Wasser in einem offenen Graben um den Burgberg herum in den Flecken und schließlich über eine Lohmühle geleitet wurde. Die Einwohner lebten in erster Linie von Ackerbau und Viehzucht.
Die Clostermeiersche Landesbeschreibung führt 1786 noch einen lippischen und einen paderbornischen Krug auf. In der Gewerbetabelle von 1788 überwiegen nach den Tagelöhnern (19), die Strumpfstricker (13) vor den Schneidern (7). Es folgen 5 Tischler vor den je 3 Näherinnen, Kaufleuten und Branntweinbrennern und den je 2 Drechslern, Essigbrauern, Fassbindern und Spinnern. Als Besonderheit sind zu nennen: 1 Wundarzt, 1 Apotheker, 1 Musikant und 1 Schreiber.
Der samtherrlichen Verfassung entsprechend gab es nachweislich seit dem 16. Jahrhundert in Schwalenberg sowohl eine lippische wie auch eine Paderborner Meierei, die 1842 zusammengelegt wurden.
Schwalenberg war bis zum 19. Jahrhundert amtssässiger Flecken und wurde erst 1906 wieder zur Stadt erhoben. Seit 1843 galten jedoch bereits für Schwalenberg wieder die Bestimmungen der lippischen Städteordnung. Von einer jüdischen Schule wird bei der Schulinspektion für das Jahr 1846 berichtet. Schon 1772 war ein Schulmeister als Hauslehrer tätig.
Der jüdische Gottesdienst fand in angemieteten Räumen statt. Seit 1854 besteht in Schwalenberg auch eine kath. Kirchengemeinde.
Im 19. Jahrhundert erlangte der Fremdenverkehr neben der Holzindustrie für Schwalenberg einen besonderen Stellenwert. Die idyllische Lage zog insbesondere auch Maler an, die den Grundstein legten für die Entwicklung als Malerstadt, die vom Landesverband Lippe auch heute noch in besonderer Weise gefördert wird. Die Burg wurde seit 1938 von den Nationalsozialisten als Müttergenesungsheim genutzt, ein Erholungsheim für Mütter und Kinder. 1946 wurde das »Kindererholungsheim Burg Schwalenberg« ins Leben gerufen, das bis 1963 bestanden hat.
Die Schulausbildung ist nur bis zur Sekundarstufe I in Schwalenberg gewährleistet. Höhere Abschlüsse müssen in Blomberg bzw. Pyrmont erworben werden. Eine Bereinigung der Grundstücksverhältnisse durch Umlegungen ist in der Zeit von 1959-1962 erfolgt. Sie umfasste eine Grundstücksfläche von etwa 600 ha. 1961 gab es in Schwalenberg 81 nichtlandwirtschaftliche Arbeitsstätten mit 774 Beschäftigten. Von 613 im Ort lebenden Erwerbspersonen waren 275 im produzierenden Gewerbe tätig.
Im Zuge der Kommunalreform wurde 1970 die neue Großgemeinde Schieder-Schwalenberg mit Sitz in Schieder gebildet, der die Gemeinden Brakelsiek, Lothe, Ruensiek, Siekholz und Wöbbel angeschlossen wurden.
Sehenswürdigkeiten und Besonderheiten
- Burg Schwalenberg, Höhenburg auf dem Burgberg (1627/1628 neu errichtet, 1911-1913 in großen Teilen erneuert, jetzt Burghotel und Restaurant)
- Ev.-ref. Johannis-Kirche (Anfang 14. Jahrhundert)
- Taufstein (13. Jahrhundert)
- Sakramentshäuschen von 1489
- Pfarrhaus (1694)
- Fachwerk-Rathaus von 1579 (1603 und 1908 erweitert, Ausmalungen von Friedrich Eicke), reich geschnitzter Fachwerkgiebel auf hölzernen Arkaden
- ehemaliger Adelssitz von 1595
- Hotel Schwalenberger Malkasten (19. Jahrhundert)
- zahlreiche Fachwerkhäuser
- offenes »Stadtwasser« (frühe Wasserleitung vom Berg)
- Volkwinbrunnen
- Jüdischer Friedhof am Osthang des Burgberges
- Malerstadt seit dem frühen 20. Jahrhundert
- Kunstausstellungen und Literaturbegegnungen u. a. im Robert-Koepke-Haus und in Privathäusern
- Schwalenberger Sommerakademie
- Töpfermarkt
- SOS-Kinderdorf Lippe (1967 / 68)
- Tanz- und Trachtengruppe
- Internationales Trachtenfest
- Stadtführungen durch Nachtwächter
- Schwalenberger Wald
- Wappen und Siegel (16. bis 19. Iahrhundert, seit 1823 und 1906)
- Geburtsort des Gelehrten Theodor Adamaeus (um 1470-1540) und des Juristen Johann Christian Lüning (1662-1740)
Literatur
Alte Ansichten und Pläne
- Grundriss der Burg Schwalenberg, Federzeichnung von 1631 [StAD].
- Ansicht vom Flecken Schwalenberg, Kupferstich von Elias von Lennep, ca. 1663 [SchlD], - siehe Wiedergabe in Originalgröße in: Stöwer, 1983, Nr. 5.
- Ansicht von der Burg Schwalenberg von Südosten, Kupferstich von Elias von Lennep, ca. 1663 [SchlD], - s. Wiedergabe in Originalgröße in: Stöwer, 1983, Nr. 26.
- Ansicht vom Flecken Schwalenberg, Ölgemälde von Carl Fabritius, ca. 1664 (Erzbischöfliche Akademie Paderborn).
- Ansicht des Fleckens mit der Burg Schwalenberg, Federzeichnung von Johann Ludwig Knoch, um 1764 [LLB].
- Ansichten der Stadt, Burg, Meierei, Kirche, der Mühlen, des Rathauses, von Fachwerkhäusern, Wappen, Inschriften, Pläne der sog. »Alten Kirche« u. a., Aquarelle, Zeichnungen von Emil Zeiß, ca. 1850- 1399 (LLB, LLM, StAD, Privatbesitz). - siehe Meier / Scheef / Stiewe, 2001, WV 712-765.
- Gesamtansicht von Schwalenberg, Zeichnung von Dewitz, 1880 [LLB].
Ortsgeschichte
- Sauermann, Elisabeth: Burg Schwalenberg 1945- 1963. In: Heimatland Lippe 96 (2003), S. 274-276.
- Liedtke, Hans: Jüdische Friedhöfe in Schieder-Schwalenberg. In: Heimatland Lippe 91 (1998), S. 306-309.
- Liedtke, Hans: Schieder-Schwalenberg. In: Lippe, Landeskunde NRW, hrsg. von Wilhelm Rinne, Paderborn 1993, S. 313-317.
- Liedtke, Hans: Zur Geschichte der Juden in Schwalenberg, Detmold 1993.
- Niederbracht, Hermann: Maler- und Trachtenstadt - kleiner Stadtführer, Fredeburg 1983.
- 750 Jahre Schwalenberg. Heimatland Lippe 74 (1981), Nr. 8/9.
- Sagebiel, Martin: Die Samtämter Schwalenberg, Oldenburg und Stoppelberg. Ein Kondominat des Fürstentums Paderborn und der Grafschaft Lippe. In: Westfälische Zeitschrift 130 (1980), S. 414-416.
- Rasch, Hugo: Stadt und Land Schwalenberg – Ein Abriss ihrer Geschichte, Lemgo 1957.
- Kirchengemeinde Schwalenberg. In: Die Kulturgeschichte der Kirchengemeinden der Klasse Blomberg, Detmold 1950, S. 49-61.
siehe auch Gorki, Die Städte des Landes Lippe, 1966, S. 94-95
- (Quelle) Herbert Stöwer: Lippische Ortsgeschichte : Handbuch der Städte und Gemeinden des ehemaligen Kreises Detmold. - Lemgo: Landesverband Lippe, 2008. - 600 S. : zahlr. Ill., Kt. - ZXIU 101. - S. XXX
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Quelle: Stöwer 2008
21.10.2024 angelegt
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