Schlangen (Gemeinde)
Autor: Herbert Stöwer
Schlangen ist seit 1970 ein Ortsteil der Gemeinde Schlangen .
Schlangen | |
---|---|
GND | |
Teil von | Gemeinde Schlangen |
Wikipedia |
Geschichte
Historische Entwicklung | |
---|---|
Gemeindefläche | 20,76 qkm (1961); 23,11 qkm (1968) |
Ehemaliges Amt | Amt Horn, Vogtei Schlangen (bis 1879) |
Kirchengemeinde | Schlangen (1875 und früher) |
Einwohnerzahl | 417 (1609), 547 (1776), 2.459 (1939), 3.636 (1950), 4.503 (1968), 5.210 (1991), 5.681 (2000), 5.933 (2004), 5.960 (2007) |
Schlangen, dessen Ortsname in seiner ältesten überlieferten Form Lanchel hieß, gehört zu den Altorten mit schwer erklärbarem Namen und ist wesentlich älter als seine älteste urkundliche Erwähnung. Die Anfänge der Besiedlung dürften bis in sächsische Zeit vor 800 n. Chr. zurückreichen. Das zeigt auch seine streifenförmige bis langstreifige Fluraufteilung. Auf den Leinegau und Ostenholz bei Fallingbostel wird bisher eine Notiz in den Corveyer Traditionen von 826 -876 bezogen, nach der Osdag dem Kloster Corvey »in loco Osterhold in Lengi« ein halb Manse schenkte. Es ist unsicher, ob die Lokalisierung zutrifft oder ob mit »Lengi« Schlangen gemeint ist (siehe unter Oesterholz-Haustenbeck).
Die Nonne Oda zu Geseke schenkte zur Zeit des Bischofs Meinwerk (1015-1036) der Paderborner Kirche ihr Erbgut in den Dörfern und der Mark Colstidi, Astanholte und Lanchel. Zur gleichen Zeit verkauften auch ein Tiedrich und seine Frau Geppa zwei Höfe zu Lanchel an den Paderborner Bischof. Es ist wahrscheinlich, dass mit Lanchel Schlangen gemeint ist und dass es sich hier also um die frühesten Erwähnungen der Ortschaft handelt. Nach Kiewning gehörten die Höfe Nr. 2 und 9 in Schlangen zu der 1011 dem Paderborner Domkapitel geschenkten Grafschaft Haold, was sich zeitlich etwa in diesen Rahmen einfügen würde.
1211 nahm Bischof Bernhard III. zu Paderborn die über die beiden Dörfer Bekene und Ostlangen ausgesprochene Exkommunikation unter der Bedingung zurück, dass sie dem Hofe Druheim (Veldrom), der zum Kloster Hardehausen gehörte, die Mitbenutzung der Weide und Mast in ihren Wäldern gestatteten. Das Kloster Hardehausen kaufte 1237 von zwei Ministerialen Güter in Ostlangen. Diesen Kauf bestätigte die Äbtissin zu Neuenheerse. Von dem Kloster Neuenheerse erhielt 1403 Dietrich von Herse eine Hufe. 1440 überließ er sein Gut zu Wythem und Ostlangen, das schon seine Vorfahren von der Äbtissin zu Neuenheerse zu Lehen hatten, der Familie Westphal (später von Westphalen).
Bischof Otto von Paderborn beglaubigte 1290 als Lehnsherr die Memorienstiftung der Familie von Stapel über einen Hof zu Ostlangen und den dazugehörigen Zehnten für das Kloster Hardehausen. Im gleichen Jahre wurde der von den Eltern vollzogene Verkauf durch die Brüder von Stapel anerkannt. 1316 bescheinigte Bischof Dietrich von Paderborn als Lehnsherr den Verkauf einer Kurie neben dem Kirchhofe und einer Hälfte des Zehnten zu Ostlanghen an Dekepenning. Mit diesen Gütern wurde 1343 die Familie von Stapel vom Bischof belehnt. Nicht mit dem Besitz der von Stapel wird eine Urkunde von 1348 zusammenhängen, nach der die Brüder von Stadelhove, gen. die Stepele, ihren Hof zu Ostlangen, der auch in der Landesteilungsurkunde von 1344 genannt wird, an die Familie Westphal verkauften. Die Gebrüder Westphal bekannten 1362, dass sie wegen des Stadelhofs zu Ostlangen Ravensberger Burgmannen des Sparrenbergs geworden sind.
Umfangreicheren Grundbesitz hatte die Familie von Elmeringhausen in Schlangen. Sie besaß sowohl paderbornische als auch lippische Lehen. Vom Paderborner Dompropst erhielt sie 1359 Selbrachts Hof zu Lehen, den vorher Johann Jude und Gottschalk Eilbracht besessen hatten. Von Lippe wurden sie 1363 mit dem Hof der Familie Bose (vorher Heinrich vor dem Wolde) belehnt. Es ist nicht sicher, dass es sich um Adelberts Hof handelt, den die Familie von Elmeringhausen 1409/1410 von Lippe zu Lehen bekam. Von Peter von Reden hatte die Familie von Elmeringhausen 1368 alle seine Leute im Kirchspiel Schlangen gekauft. 1473 kam Alberts Hof (de »grote« Hof) als lippisches Lehen an Gerke Werpup. Unklar ist die Lehnsabhängigkeit bei Güterabtretungen und Verpfändungen der Familie von Elmeringhausen in den Jahren 1424 und 1435. An die Westphals verkaufte die Familie von Elmeringhausen 1424 ihr Gut zu Ostlangen, und zwar Adelbrechts und Luttungen Hof, ferner zehn Kotten und fünf »stede up den kerckhove«. 1435 versetzten sie den großen oder Stuker Hof an die Familie von Haxthausen, die 1482 nach dem Aussterben der Familie von Elmeringhausen (1473) vom Paderborner Bischof mit dem großen Hofe und 13 Kottstätten zu Ostlangen belehnt wurden, wie sie vorher die von Elmeringhausen besessen hatten. Die Familie Westphal (Westphelinge), die seit 1348 im Besitz des Stadelhofs war, erhielt 1358 von den Lippern pfandweise den Zehnten und den kleinen Zehnten zu Ostlanghen. 1364 gestattete ihnen Bernhard V. die Anlegung einer Schäferei und die Benutzung einer Trift zu Ostlanghen. Nach der Eversteiner Fehde (1409) versetzte Bernhard VI. zur Lippe u.a. seine Güter und Leute zu Ostlangen und auch das Gericht an Johann Westphal. Weitere Berechtigungen gingen 1432 an die Familie Westphal über. Seit dieser Zeit führte die spätere Vogtei Schlangen ein selbstständiges Eigenleben unter den Herren von Westphal, das erst 1547 durch Ablösung der Pfandschaft beendet wird. Während die Lipper den sonstigen Besitz zurückerhielten, verloren sie an die Familie von Westphal vier Kotten in Schlangen, das Obereigentum am Hof zu Kohlstädt und die Rechte in Dedinghausen und Withem.
Das Gogericht wird 1333 erstmalig erwähnt, als der Bischof von Paderborn es für den Bereich der Pfarren Beken und Ostlanghen von Gobelinus, Gogrefe zu Beken, zurückerwarb. 1366 wird bereits das Dorf Schlangen und das Gericht als Leibzuchtsgut der Tante Simons III. zur Lippe bezeichnet. 1409 erhielt die Familie Westphal es in Pfandschaft. Der Paderborner Bischof leistete nach Einlösung der Pfandschaft durch Lippe im Jahre 1558 endgültigen Verzicht auf das Gericht in Schlangen. Seit Ende des 16. Jahrhunderts wird der Ortsname Schlangen an Stelle von Ostlangen üblich.
Im Bereich der Feldmark von Schlangen ist die Wüstung Westlangen zu suchen. Um 1265/1270 werden erstmalig die »fratres (ohne Namensangabe) und custos de Westlanghen« als Rückvermerk auf einer Urkunde erwähnt. Zehnt und zwei Mansen zu Westlangen und u. a. auch Fischteiche in der Synethe (Senne) erhielten Gobelin Gogreve von Beken 1331 als Nachfolger Bertolds von Lippspringe von Paderborn zu Lehen. Sebrachts Gut zu Westlangen bekam die Familie Schwanenvogel 1365 von Lippe zu Lehen. Dieses Gut löste 1414 Curt von Haxthausen ein. Die Familie von Elmeringhausen versetzte 1437 ihren Hof zu Westschlangen, geheißen die Schrackenshove, und vier Morgen Land beim buteren Nottbome an den Kirchherrn zu Lippspringe. Nach diesen Angaben müsste die Siedlung sehr nahe an der lippischen Landesgrenze gelegen haben. Es ist allerdings zu beachten, dass Se(l)brachts Hof auch als in Ostlangen gelegen bezeichnet wird. Das mag aber auch ein Hinweis darauf sein, dass die Bewohner Westlangens nach Ostlangen umgesiedelt sind.
Martin D. Sagebiel konnte in einem Grundstücksverzeichnis von etwa 1550 den Schutzpatron der Kirche in Schlangen ermitteln. Bei dem Hof Schonlau ist bei einer Pachtabgabe vermerkt: »de schulde bort Sanctus Kilian, Patron der kerken tho Oistlangen«. Damit entfallen die früheren Vermutungen, Patron sei die Jungfrau Maria oder der Hl. Liborius. Nach archäologischen Untersuchungen wird die erste Kirche in Schlangen für das 9./10. Jahrhundert angenommen. Urkundlich erfährt man von der Existenz einer Kirche durch die Erwähnung eines Kirchherrn in einer Urkunde von 1321. In der Reformationszeit wurden in einer Übereinkunft in Ostlangen 1558 die kirchlichen Rechte von Paderborn gegenüber Lippe abgegrenzt. Der Thorn zu Dinghausen (Dedinghausen) bei Schlangen spielte im 16. und 17. Jahrhundert als Verhandlungsort zwischen Paderborn und Lippe eine wichtige Rolle. Die Freivogteiregister von 1442, 1492 und aus der 2. Hälfte des 16. Jahrhunderts enthalten Einnahmen von Freigeld aus Schlangen. Die Freischöffen sollten 1563 zum Freistuhl Falkenberg gehören. Wie in Kohlstädt gab es auch in Oustlangen 1537 Köhler, die Waldzins für ihr Gewerbe entrichten mussten.
Unglücke
Schlangen war häufiger ein Opfer schwerer Schicksalsschläge:
1634 brannten bei einer Einquartierung 7 Häuser ab; der Dreißigjährige Krieg ruinierte darüber hinaus 4 Vollspänner-, 3 Halbspänner-, 10 Großkötter- und 13 Kleinkötterhöfe, die 1652 noch wüst lagen.
1678 blieben als Folge eines Brandunglücks in ganz Schlangen nur 22 kleine ärmliche Hütten, während 44 Häuser aufbrannten.
1741 zerstörte ein Brand 5, 1744 6 Häuser.
1904 wurden 80 Häuser auf 45 Höfen ein Raub der Flammen, während 11 Häuser mit schweren Beschädigungen davonkamen.
Bevölkerungsentwicklung, Wirtschaft
Nach dem Salbuch von 1782 bestand Schlangen neben dem Prediger- und Küsterhaus (Schule) aus 92 Kolonaten: 1 Halbmeier, 10 Mittelkötter, 11 Kleinkötter, 70 Hoppenplöcker und Straßenkötter. Clostermeier nennt in seiner Landesbeschreibung von 1786 die gleiche Zahl von 92 Kolonaten, erwähnt aber noch die herrschaftliche Tütgemühle. Auf dem Hof Hanselle befand sich ein Speicher (Bauernburg?). Das Küster- und Schulhaus wurde ca. 1650 gebaut. Die ersten Schulversuche gehen bis 1618 zurück, doch wurde der Küster für unfähig gehalten, Schule zu halten, und deswegen entlassen. Besonders zu erwähnen sind auch die auf Kirchen- oder Pfarrgrund angebauten Siedler. An nichtbäuerlichen Tätigkeiten werden 1776 genannt: 5 Schuster, 4 Kalkbrenner, 4 Schneider, 4 Tischler, 3 Rademacher und je 1 Maurermeister, Maurer, Schmied, Schreiner, Krämer, Bauerrichter, ferner 2 Ostindienfahrer, 2 Frieslandgänger und 2 dienen bei den holländischen Dragonern.
Für 1846 ist belegt, dass in Schlangen jüdischer Schulunterricht erteilt wurde. Das Betlocal wird als beschränkt bezeichnet, entsprach also nicht den normalen Erwartungen. Gemeinheitsteilungen und Hudeabfindungen wurden 1817-1861 durchgeführt. Betroffen waren insbesondere die Gebiete Große und Kleine Senne mit ca. 5.464 Schfls., Knicksweg, Dedinghauser Bruch, Kaninchenbusch. Schon 1891/1894 ist in Schlangen zur Beseitigung des Streubesitzes und Verbesserung der Wirtschaftlichkeit eine Zusammenlegung von Grundstücken, eine Verkoppelung, durchgeführt worden.
1872 stellte Schlangen die meisten lippischen Ziegler als Wanderarbeiter. Der prozentuale Anteil der Wanderarbeiter an der männlichen Bevölkerung lag 1905, als die Wanderarbeit ihren Höhepunkt erreichte, in den Sennegemeinden sehr hoch, und zwar bei 33,77%. Gleichzeitig wurde die Entwicklung der Gemeinde 1904/1905 durch den Wiederaufbau des durch den Großbrand zerstörten Teils der Gemeinde bestimmt.
Seit 1911 existierte eine Straßenbahnverbindung nach Lippspringe und Paderborn. Im Jahr darauf wurde sie über die Egge-Externsteine-Horn-Meinberg erweitert. Seit etwa 1920 kam es zur Vereinigung der beiden Netze der LEAG und PESAG, damit war die Straßenbahnverbindung nach Detmold hergestellt. 1953 stellte die PESAG den Betrieb ein.
1961 zählte man 164 nichtlandwirtschaftliche Arbeitsstätten mit 653 Beschäftigten. Von 1903 im Ort wohnenden Erwerbstätigen waren 834 im produzierenden Gewerbe tätig. Im verarbeitenden Gewerbe nahm 1985/86 in Schlangen die Holzbearbeitung und -verarbeitung die Spitzenstellung ein mit 43,7%. Es folgten mit großem Abstand der Bau-Bereich mit 21 % und die Metallbranche (incl. Elektrotechnik und Maschinenbau) mit 17%. 2003 gab es noch 4 landwirtschaftliche Vollerwerbsbetriebe.
Die Katholiken besitzen im Ort seit 1954 eine eigene St.-Marien-Kirche. 2005 wurde ein Gemeindezentrum der Evangeliums-Christen-Gemeinde eingeweiht.
Bei Neubildung der Gemeinde Oesterholz im Jahre 1921 wie auch bei Anlegung des großen Sennetruppenübungsplatzes wurde ein Teil des Gemeindebezirks abgetrennt. Durch die Kommunalreform 1970 vergrößerte sich das Gemeindegebiet etwa um das 3fache.
Sehenswürdigkeiten und Besonderheiten
- Evangelische Kirche St. Kilian mit Christophorus-Darstellung aus dem 13. Jahrhundert (romanischer Kirchturm 12. Jh., Kirchenschiff von 1878)
- Schlänger Markt seit 1791
- Bürgerhaus
- Dorfmuseum (Heimatstube im Bürgerhaus 1993)
- Dorfschmiede (2005)
- Dorfbrunnen vor der Gemeindeverwaltung (1987)
- Fachwerkhäuser
- Trafoturmstation (2008)
- Bismarckstein
- Wanderwege
- Trockentäler
- Lerchenspornblüte im Frühjahr
- Landesgrenzsteine
- Höhlen und Erdfälle
- Fürstenallee (4 km) vom Kreuzkrug nach Schlangen, Eichen und Buchen, Naturdenkmal
- Naturschutzgebiete: Emkental, Schlänger Moor, Strotheniederung
- Historischer Rundwanderwege
- Windräder beim Steinweg am Bauernkamp
- Partnerstadt: Viitasaari (Finnland) seit 1999
Literatur
Alte Ansichten und Pläne
- Flurkarte der Bauerschaften Kohlstädt und Schlangen, Overbeck, ca. 1 : 3800, 1823/24 [StAD]
- Kirche in Schlangen, Ansicht und Grundriss, Zeichnungen von Emil Zeiß, um 1874, - s. Meier/Scheef/Stiewe, 2001, WV 699 - 701 [LLB, LLM].
Ortsgeschichte
- Schäfer, Ingrid; Grote, Christel; Wiemann, Heinz: Frauen in Schlangen im 20. Jahrhundert : Foto als Quelle, Detmold 2006.
- Springhorn, Rainer: Schlangen. In: Lippe, Landeskunde NRW, hrsg. von Wilhelm Rinne. Paderborn 1993, S. 317-320.
- Wiemann, Heinz (Hrsg.): Die Kirche zu Schlangen. Blätter aus dem Buch ihrer Geschichte, Schlangen 1978.
- Wiemann, Heinz (Hrsg.): Schlangen – Kohlstädt – Oesterholz – Haustenbeck : Beiträge zur Geschichte Bd. 1, Schlangen 1991, Bd. 2, Schlangen 1999.
- Wiemann, Heinz: Bilder aus der Vergangenheit – Schlangen, Kohlstädt, Oesterholz, Hausteııbeck. Schlangen 1986.
- Wiemann, Heinz (Hg.): Lanchel – Colstidi – Astanholte. Beiträge zur Geschichte der Ortschaften Schlangen, Kohlstädt und Oesterholz-Haustenbeck. Schlangen 1969
- Hilker, Karl: Geschichte der Bauernschaften Schlangen und Oesterholz. Horn 1926.
s. auch Der Gemeindebote, Schlangen, 1954 ff. (ab 1976 Schlänger Bote), Isermann, 1890/1977, S. 227 – 229; Wehrmann 1990
- (Quelle) Herbert Stöwer: Lippische Ortsgeschichte : Handbuch der Städte und Gemeinden des ehemaligen Kreises Detmold. - Lemgo: Landesverband Lippe, 2008. - 600 S. : zahlr. Ill., Kt. - ZXIU 101. - S. XXX
Weblinks
Status der Seite
Quelle: Stöwer 2008
1.10.2024 angelegt