Detmold-Heiligenkirchen
Autor: Herbert Stöwer
Heiligenkirchen ist seit 1970 ein Ortsteil der Stadt Detmold .
Heiligenkirchen | |
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GND | http://d-nb.info/gnd/4096108-4 |
Teil von | Stadt Detmold |
Wikipedia |
Geografische Lage
Geschichte
Historische Entwicklung | |
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Gemeindefläche | 4,04 qkm (1897), 5,16 qkm (1961); 9,99 qkm (1968) |
Ehemaliges Amt | Amt Falkenberg, dann Amt Detmold, Vogtei Falkenberg (bis 1879) |
Kirchengemeinde | Heiligenkirchen (1875 und früher) |
Einwohnerzahl | 150 (1609), 238 (1776), 1627 (1939), 2352 (1950), 3113 (1968), 4119 (1991), 3694 (2000), 3680 (2004), 3617 (2006) |
Der Name Heiligenkirchen bedeutet Kirche der Heiligen. Er wird seine Entstehung der Tatsache verdanken, dass die Kirche mehrere Heilige als Schutzpatrone hatte. Sicher nachweisbar sind die Heiligen Cosmas und Damian. Der Ortsname wird auch mit einer Sage über die Schlacht Karls des Großen bei Detmold im Jahre 783 D. Chr. in Verbindung gebracht, nach der Karl zum Dank über den schließlich errungenen Sieg über die Sachsen eine Kapelle zur Heiligen Hülfe geweiht haben soll.
Die älteste urkundliche Nachricht von Heiligenkirchen fällt in die Zeit des Paderborner Bischofs Meinwerk (1015-1036). Nach der Vita Meinwerci schenkten in dieser Zeit die Brüder Liudric und Becelin sowie Wicilin der Paderborner Kirche ihr Eigentum zu Halogokircan. Ferner erhielt die Paderborner Kirche zur gleichen Zeit noch von einem armen Mann einen Hof und 20 Äcker zu Halogokircun. 1036 stattete Bischof Meinwerk das Kloster Busdorf mit dem Zehnten von 17 Haupthöfen und 71 dazugehörigen Vorwerken aus. Zu den Haupthöfen gehörte auch Helagankyrcan (Heiligenkirchen) mit den beiden Vorwerken Aldanthorpe (Hornoldendorf) und Bardingthorpe (Meier zu Berentrup, Schönemark). Der Ortsname lässt erkennen, dass zum Zeitpunkt der Schenkungen im Ort schon eine Kirche vorhanden war. Bestätigt wurde dies bei Ausgrabungen im Jahre 1969, als sich zeigte, dass die Kirchengründung für das 9. oder 10. Jahrhundert anzusetzen ist. Bei der Kirche wurden erst im 12./ 13. Jahrhundert mehrere Höfe angesiedelt, deren Besitz überwiegend aus sog. Waldhufen am Königsberg bestand. So entstand um die Kirche herum eine Gruppensiedlung. Umschlossen waren diese Höfe vom Besitz des Watermeier (Nr. 2), der anhand von Abgaben als Paderborner Haupthof ermittelt werden kann. Außer Watermeier waren auch die anderen Bauernhöfe in der Feldmark Einzelhöfe mit geschlossenem Besitz und Block- bzw. Kampflur.
Zum Zeitpunkt des Entstehens der Waldhufensiedlung hatte Bernhards II. Vater Hermann bereits Besitz in Heiligenkirchen. Es handelt sich um den ältesten nachweisbaren Allodialbesitz der Edelherrn zur Lippe auf der Nordostseite des Osnings, des seit dem 16. / 17. Jahrhundert Teutoburger Wald genannten Gebirgszuges, also im späteren Fürstentum Lippe. Das dem Edelherrn Hermann um 1150 gehörende Haus brannte ab und wurde nach einer Urkunde von 1223 gegen ein Haus in Ripen (ausgegangene Siedlung bei Lemgo) vertauscht. 1322 waren die Lipper aber bereits im Besitz des »neddern hoff aver dem water to Hilligenkercken« (über dem Wasser d.h. über der Berlebecke), also des Paderborner Haupthofes Watermeier (Nr. 2). Sie sollten nun die Paderborner Lehnshoheit über den Hof anerkennen. Sifred Boze erhielt 20 Iahre später u. a. den Zehnten zu dem Rysne von Simon I. zur Lippe. Rysne (oder Risen) war die mittelalterliche Bezeichnung für den erst im 18. Jahrhundert namentlich belegten Königsberg, an dessen Fuß der Paderborner Haupthof liegt. Schutzpatrone der im Bereich des Watermeierschen Besitzes gelegenen Kirche waren – wie bereits ausgeführt – die Heiligen Cosmas und Damian, früher nach überlieferten Flurnamen vielleicht auch noch St. Peter. Der Versuch, das ungewöhnliche Patrozinium auf die Grafen Werl zurückzuführen, dürfte schon deswegen fehlgehen, weil Hömberg selbst noch von seiner ursprünglichen Vermutung abgerückt ist, die Lipper stammten von den Grafen von Werl ab, und auch weil sonst nichts für einen Übergang des Besitzes von den Werler Grafen an die Lipper spricht und ebenfalls nicht für eine Verbindung zur Kirche in Heiligenkirchen zu dieser Zeit. Wahrscheinlicher ist, dass das abgebrannte lippische Haus in Heiligenkirchen zunächst Paderborner Eigentum war.
Der Chronist Albert Krantz berichtete um 1520 erstmalig von der erwähnten mündlichen Überlieferung, nach der Karl der Große zum Dank für die ihm bei der Bezwingung der Sachsen in der Schlacht bei Thietmelli (Detmold 783) zuteilgewordene Hilfe eine Kapelle »zur Heiligen Hülfe« geweiht habe. Der Standort einer solchen Kapelle ist unbekannt, könnte aber, wenn die Sage einen historischen Hintergrund hat, ein Vorläufer der Kirche in Heiligenkirchen gewesen sein. Für Detmold könnte sprechen, dass nach der Vita Meinwerci ein von Papst Leo III. im Jahre 799 geweihter Altarstein im ]ahre 1023 von Thietmelle nach Paderborn überführt worden sein soll. Eine solche Weihe wäre sicherlich mit der Schlacht Karls des Großen bei Detmold in Verbindung zu bringen. Andererseits ist der Flurname Thiesplatz für Besitz des Meiers zu Wantrup (Heiligenkirchen Nr. 1) am Fuße der Grotenburg nachzuweisen. Es handelt sich dabei um einen Volksgerichtsplatz, von dem der Name des Gaues Thietmelle und wohl auch der in diesem Gau im 13. Jahrhundert entstandenen Stadt abzuleiten ist. Hömberg nimmt an, dass der Freistuhl bei der Burg Falkenberg zunächst an die Stelle dieser Gerichtsstätte getreten ist. So mag der Name Thietmelle bis zum 13. Jahrhundert in erster Linie mit dem Hof Wantrup und Heiligenkirchen in Verbindung zu bringen sein.
Die Ortsbezeichnung Wamelynchtorpe findet man zuerst in einem Schatzregister von ca. 1390. Dem Dorf werden zwei Höfe »in dem Toyte« gegenübergestellt. »To dem Toyte« erscheint erstmalig in einer landesherrlichen Rechnung von 1385. In einer Verpfändungsurkunde der Falkenburg von ca. 1410 werden neben dem Hof zu Wammentorpe (Wantrup), auch der Kolerhoff und zwei Häuser to dem Toyte besonders genannt. Nach dem Register von ca. 1390 sollen auch die später zum Kirchspiel Detmold gehörenden Bauerschaften Heidenoldendorf, Hiddesen, Weginghausen (wüst beim Donoperteich, Hiddesen) und Schmedissen zum Kirchspiel Heiligenkirchen gehört haben.
ln der Eversteiner Fehde (1407) ist auf dem »kerkhove to Hilgenkerken« und im Ort selbst Schaden entstanden. In der Soester Fehde (1447) dagegen sollten auf Bitte der Stadt Horn die Kirchspiele Heiligenkirchen und Meinberg verschont bleiben. Nach dem Verfall der Falkenburg in der zweiten Hälfte des 15. Jahrhunderts wurde Heiligenkirchen Sitz des Amtsvogts der Vogtei Falkenberg. Im 17. Jahrhundert gab es einen Eisenhammer zunächst bei Wantrups, dann bei Groten Hof in Heiligenkirchen. Auf den Höfen des Meiers zu Wantrup (Nr. 1) und des Köllermeier (Nr. 3) befanden sich bis 1908 bzw. 1885 Bauernburgen.
Bevölkerungsentwicklung, Wirtschaft
1782 gab es außer dem Prediger- und Schulhaus, dem freien Gut als Sitz des Amtsvogts zum Falkenberg, der freien herrschaftlichen Mühle noch 26 Kolonate: 1 Vollmeier, 3 Halbmeier, 1 Groiškötter, 1 Mittelkötter, 6 Kleinkötter und 14 Straßenkötter. Im Dorf waren 1776 verschiedene Handwerker ansässig: 2 Radmacher, 1 Schuster, 2 Maurer, 2 Schneider, 2 Drechsler, 2 Zimmerleute, 1 Schmied. Ferner werden 2 Personen als Tagelöhner bezeichnet, 19 spinnen, 2 betteln. Neben dem Untervogt lebte noch 1 Soldat in Heiligenkirchen. Schulunterricht wurde in Heiligenkirchen schon im 17. Jahrhundert erteilt. 1864 wurde das Sophienheim zur Mädchenerziehung gegründet, das jetzt als Tagesstätte der Sophienstiftung eingerichtet ist.
Die Heiligenkirchener Gemeinheitsflächen wurden 1871 aufgeteilt. Eine Straßenbahn verkehrte von 1900 bis 1954 zwischen Detmold und Heiligenkirchen. Sie wurde dann auf Busverkehr umgestellt.
Der Ortsteil Schling, der seinen Namen von einem Schling, einer Wegsperre ableitet, die im Verzeichnis der Knicke, Gräben und Schlinge von 1502 genannt wird, wurde 1935 von Berlebeck nach Heiligenkirchen umgemeindet. Der ältere, 1386 erstmalig erwähnte Name für den Ortsteil Schling war Sprekerburg bzw. Spreckenburg. Erst seit etwa 1854 wurde eine Straßenverbindung von Heiligenkirchen zum Schling hergestellt.
Eine Villenkolonie in Friedrichshöhe entstand etwa zu Beginn des 20. Jahrhunderts. Im Zweiten Weltkrieg besaß dort der Gauleiter Alfred Meyer eine Villa, die zum Kriegsende von einer Gruppe von Hitlerjungen, die als »Wachkommando des Gauleiters« bezeichnet wurde, geschützt und verteidigt werden sollte. Nach 1950 kam es zu einer Reihe neuer Ansiedlungen am Königsberg, Wellnerberg, bei Wantrups Hof, im Dorf auf der Kirchbreite, am Höwel und im Schling. Durch die Auflösung der selbstständigen Forstbezirke wurde die Gemeindefläche erheblich vergrößert.
Als die Wanderarbeit in Lippe 1905 ihren Höhepunkt erreicht hatte, verdienten in Heiligenkirchen 8,23% der männlichen Bevölkerung ihren Unterhalt außerhalb des Landes. 1961 wurden in Heiligenkirchen 120 nichtlandwirtschaftliche Arbeitsstätten mit 497 Beschäftigten verzeichnet. Von 1253 ortsansässigen Erwerbspersonen war die Mehrzahl, und zwar 507, im produzierenden Gewerbe tätig. Neben Geschäften des täglichen Bedarfs und der medizinischen Versorgung waren in der Gemeinde im Jahre 2005 Handwerksbetriebe ansässig in den Bereichen Elektrizität, Heizungsbau, Metallverarbeitung, Tischlerei und Malerhandwerk.
Sehenswürdigkeiten und Besonderheiten
- Dorfkirche mit romanischem Turm, im 15. Jahrhundert zur gotischen Hallenkirche erweitert (Hinweis auf Schiefertafel 1451?)
- Fachwerkhäuser u. a. Wendtsches Haus von 1696 im Gemeindepark, ehem. Sitz des Amtsvogts (in Eigenarbeit des Heimat- und Verkehrsvereins restauriert, Culturcafé)
- Altes Krughaus von 1718
- Gotischer Kreuzstein (15. Jahrhundert) im Gemeindepark
- Vogelpark im Schling (seit 1969, insbesondere zahlreiche exotische und heimische Vogelarten)
- Bergheim (1963, Eigenarbeit der Bergfreunde »Lippische Schweiz«, Schling)
- Findling, Inschrift: SCHLING ANNO 1502
Literatur
Alte Ansichten und Pläne
- Teilansicht des Dorfes mit der Kirche, Bleistiftzeichnung von L. Menke, 1851, Detmold [LLB].
- Heiligenkirchen und Umgebung, u. a. Landschaft, Ortsansicht, Friedrichshöhe, Kirche, Pfarrhaus, Schule, Hof Wendt, Fachwerkhäuser, Inschriften, Kreuzstein, Zeichnungen und Aquarelle, Emil Zeiß, ca. 1851 - 1903 [LLB, LLM, StAD, Privatbesitz], - s. Meier / Scheef/Stiewe, 2001, WV 367 - 402.
- Burg auf dem Meierhofe Wantrup, Bleistiftzeichnung von C. Dewitz, 1882, Detmold [LLB].
Ortsgeschichte
- Schüttler, Adolf: Thiotmalli – Heiligenkirchen – Detmold. Landesnatur und frühe Besiedlung. – In: Hematland Lippe 93 (2000), S. 208-212.
- Stöwer, Herbert: Die frühen Kirchengründungen im Raum Detmold. – In: Lippische Mitteilungen 68 (1999), S. 45-64.
- Stöwer, Herbert: Schling bei der Spreckenburg : die Bedeutung der Ortsnamen und ihre früheste Erwähnung. – In: Schlinger Mitteilungen aus alter und neuer Zeit (1999), S. 7-15.
- 975 Jahre Heiligenkirchen. - Heimatland Lippe 83 (1990), Nr. 7.
- Kittel, Erich: Tausendjähriges Heiligenkirchen. – In: Heimatland Lippe, Sonderdruck, März /Mai 1966.
- Wendt, Hermann: Das ehemalige Amt Falkenberg - Geschichte der Gemeinden Berlebeck, Fromhausen, Heiligenkirchenı, Holzhausen, Hornoldendorf, Oesterholz-Haustenbeck. - Lemgo 1965.
- Menke, Klaus: Heiligenkirchen im Lipperland, eine geographische Skizze. Paderborn 1961, Mskr.
- (Quelle) Herbert Stöwer: Lippische Ortsgeschichte : Handbuch der Städte und Gemeinden des ehemaligen Kreises Detmold. - Lemgo: Landesverband Lippe, 2008. - 600 S. : zahlr. Ill., Kt. - ZXIU 101. - S. XXX
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