Augustdorf
Autor: Herbert Stöwer
Augustdorf ist eine Gemeinde im Kreis Lippe.
Augustdorf | |
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GND | https://d-nb.info/gnd/4196915-7 |
Gemeindefläche | 42,21 qkm (1970) |
Einwohnerzahl | 6652 (1974), 8911 (1991), 9772 (1997), 10120 (2001), 10155 (2003), 9756 (2006) |
Teil von | Kreis Lippe |
Wikipedia | https://de.wikipedia.org/wiki/Augustdorf |
Verwaltungsreform 1970 und Ortsteile
Die Gemeinde blieb bei der Kommunalreform als einzige Gemeinde des Kreises Detmold unverändert selbstständige Gemeinde. Sie erhielt allerdings einen Gebietszuwachs durch einige Flächen, die vormals zu Hörste und Pivitsheide V. L. gehörten.
Historische Entwicklung | |
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Gemeindefläche | 19,09 qkm (1961), 34,03 qkm (1968), 42,21 qkm (1970) |
Ehemaliges Amt | Amt Detmold, Vogtei Lage; dann Amt Lage, Vogtei Lage (1823-1879) |
Kirchengemeinde | Stapelage (bis 1817), Augustdorf (ab 1817) |
Einwohnerzahl | 576 (1807), 1833 (1939), 4765 (1950), 6799 (1968), 7073 (1969),
6652 (1974), 8911 (1991), 9772 (1997),10120 (2001), 10155 (2003), 9756 (2006) |
Lage
Augustdorf liegt südwestlich des Teutoburger Waldes und im Grenzbereich zwischen der südlichen Gebirgskette und dem Sennerand. Für die Entwicklung wichtig war der verkehrsgünstige Gebirgsübergang, die Dörenschlucht, die schon von der alten Verkehrsverbindung Frankfurter Weg genutzt wurde. Zur Gemeinde gehört nicht nur die Siedlung Augustdorf mit dem sog. Nordlager, sondern auch das ältere Lopshorn, der Heimathof und das Heidehaus. Mehr als die Hälfte des Gemeindegebiets (26,1 qkm) werden von dem früheren Nordlager (Teil des Truppenübungsplatzes), dem militärischen Bereich der heutigen Generalfeldmarschall-Rommel-Kaserne eingenommen.
Geschichte
Lopshorn
Während über die Entstehung Augustdorfs am Ende des 18. Jahrhunderts genaue Informationen vorliegen, verlieren sich die Anfänge der Geschichte Lopshorns im Mittelalter. Lopshorn ist 1471 erstmalig urkundlich nachzuweisen. Der Haken zum Lobdeshorn wurde damals zum Treffpunkt eines Aufgebots des Landesherrn gegen den Herzog Friedrich von Braunschweig bestimmt. Auch in der Geschichte der Sennerpferdezucht, von der bereits in einer Urkunde von 1160 in Verbindung mit Veldrom die Rede ist, spielte Lopshorn eine bedeutende Rolle. Aus dem Jahre 1493 ist ein Verzeichnis der wilden Sennerpferde erhalten geblieben. 1578 baute man einen Pferdestall »up dem Lobbeßhorn«, wo schon seit 1537 ein Pferdehirte wohnte. Nach der Grabung eines tiefen Brunnens in den Jahren 1654 bis 1657 – also noch in der Regierungszeit des Grafen Hermann Adolf zur Lippe – wurde unter Simon Henrich zur Lippe 1683 bis 1685 das neue barocke Jagdschloss fertiggestellt. 1690 begann man mit der Schaffung eines landwirtschaftlichen Betriebes bei Lopshorn, der Vorläufer der späteren landesherrlichen Meierei wurde. Nach dem Ersten Weltkrieg übernahm der Verband der lippischen Pferdezüchter das Gestüt. Der Meiereibezirk mit dem Schloss Lopshorn wurde um 1930 der politischen Gemeinde Augustdorf eingegliedert. Das Gestüt bestand bis 1935. Nach Kriegsende wurde das Schloss geplündert und durch Brand zerstört. Die nach dort ausgelagerten Archivalien des Lippischen Landesarchivs konnten jedoch überwiegend sichergestellt werden. Gegenwärtig bemüht man sich um den Wiederaufbau der Lopshorner Anlage. Das Gelände gehört seit 1947 zum Truppenübungsplatz.
Augustdorf
Bereits 1620 wird ein Krug »auf dem Dören« erwähnt. 1772 bat der vormalige Retlager Müller, damalige Barntruper Bürger August Simon Struß um Erlaubnis, unter dem Bockshorn eine Hausstelle erbauen und als Krug benutzen zu dürfen. Er erhielt 1775 den Meierbrief für sein Kolonat und die Kruggerechtigkeit. Dieser zweite Krug, der zunächst als in der Lageschen Pivitsheide, dann als im Doren in der Senne gelegen bezeichnet wurde, ist als Keimzelle der Siedlung Augustdorf anzusehen. Graf Simon August zur Lippe erließ 1775 einen Aufruf, sich »auf dem Dören« - auf dem kargen Sandboden der Senne – gegen Gewährung von erst fünf, dann zehn Freijahren und 50 Rtl. Darlehn anzusiedeln. Die ersten Bewohner am alten Lippstädter Weg bzw. der Hauptverbindung Bremen – Frankfurt stammten nicht nur aus Lippe, sondern u. a. auch aus Preußen, Schaumburg, Baden, der Pfalz, Hessen und Waldeck. Die Bewohner versuchten den wenig fruchtbaren Boden durch Plaggendüngung zu verbessern. Gegenüber 31 bewohnten Stätten und dem Schulhaus im Jahre 1783 waren nach der Donopschen Landesbeschreibung 1789 bereits 56 Kolonate vorhanden. Die bis 1789 »auf dem Dören« genannte Bauerschaft wurde dann nach dem Gründer und Landesherrn Graf Simon August in Augustdorf umbenannt.
Eine Vergrößerung der privaten Nutzfläche erfolgte durch Teilung der Sandwehen zwischen Augustdorf und der Kieferanlage der kleinen Senne in den Jahren 1811-1814, durch die Generalteilung der Senne 1820-1840 und die Teilung der ausgedehnten Augustdorfer Heide mit ca. 6800 Scheffelsaat ab 1855. Ein erster Iahrmarkt fand im Jahre 1844 auf dem Bentbrinke statt.
Durch eine Feuersbrunst wurden 1837 zahlreiche Stätten eingeäschert. 28 Häuser brannten bei den Kampfhandlungen 1945 ab. Die Erweiterung des Senne-Truppenübungsplatzes und die Einrichtung des Nordlagers im Jahre 1937 hatten in der Folge erhebliche Auswirkungen auf die Entwicklung der Gemeinde. Zunächst wurden Einwohner der geräumten Siedlung Haustenbeck aufgenommen. Das Nordlager diente der Aufnahme eines Ergänzungsbataillons. Bis zu 1.000 Mann konnten untergebracht werden. Die Kapazität wurde bis zum Ende des Krieges auf 16.000 Mann (für eine Division) erweitert.
Nach Auflösung der Kriegsgefangenenlager (1945) wurden bis zu 20.000 »Displaced Persons« in das Nordlager verlegt, Personen, die aus mancherlei Gründen nicht in ihre Heimat zurückkehren konnten oder wollten. Aus dem Barackenlager entstand im Laufe der Zeit eine Kaserne für die Bundeswehr.
Für die jüngste Entwicklung Augustdorfs hat die Einrichtung einer Garnison (1957) besondere Bedeutung. Innerhalb von fünf Jahren wuchs die Einwohnerzahl allein infolge der Schaffung einer der größten Bundeswehrstandorte in Augustdorf um etwa 2.000 Personen. Die Kaserne erhielt 1961 den Namen »Generalfeldmarschall-Rommel-Kaserne«.
Bevölkerungsentwicklung, Wirtschaft
Zur Zeit des Höhepunktes der Wanderarbeit in Lippe im Jahre 1905 war der prozentuale Anteil der Wanderarbeiter an der männlichen Bevölkerung im gesamten Sennegebiet mit 33,77% sehr hoch. In der Weimarer Zeit wurde das Problem der Wanderarbeit weitgehend überwunden.
1961 waren in Augustdorf 132 nichtlandwirtschaftliche Arbeitsstätten mit 657 Beschäftigten vorhanden. Der Schwerpunkt lag bei den Erwerbspersonen im produzierenden Gewerbe (Holzbearbeitung, -verarbeitung). Zum Hauptarbeitgeber wurde dann die Bundeswehr. 1970 waren im Dienstleistungssektor 58,6% der Beschäftigten tätig.
Kommunale Neugliederung
Bei der kommunalen Neugliederung im Jahre 1970 blieb Augustdorf eine selbstständige Großgemeinde insbesondere aus zwei Gründen, nämlich wegen der geographischen Lage und der besonderen Situation als Bundeswehrstandort. Eine Vergrößerung des Gemeindegebiets um ca. 540 bzw. 620 ha war 1955 und 1968 durch Auflösung der bis dahin selbstständigen Forstbezirke erfolgt. Von Pivitsheide V. L. und Hörste kamen im Zuge der Neugliederung 1970 noch einmal etwa 820 ha hinzu, sodass die Gesamtfläche nun 42,21 qkm betrug. Seit 1970 hat sich das Gewerbegebiet sprunghaft erweitert, 1976 durch Ausweisung eines 60 ha großen Industriegebiets. Besonders zu erwähnen sind der Sandabbau sowie das die Landschaft leider stark verändernde Kalksteinwerk in der Dörenschlucht. In jüngster Zeit bemüht sich die Gemeinde um Schaffung eines erweiterten Naturparks Eggegebirge und südlicher Teutoburger Wald bzw. auch eines Biosphärenreservats.
Struktur
Religiöse Gemeinschaften
Kirchlich gehörte Augustdorf zunächst zur Kirchengemeinde Stapelage. 1798 begann man mit dem Bau einer eigenen Kapelle in Fachwerk, die 1800 eingeweiht wurde, aber bis 1816 noch als Filiale zu Stapelage gehörte. Ab 1817 ist Augustdorf selbstständige Pfarrgemeinde, zu der auch Lopshorn eingepfarrt war. Nach der Einrichtung der Garnison entstand die Evangelische Militärkirchengemeinde und seit 1960 die Katholische Militär- und Ortskirchengemeinde Augustdorf. Weitere kirchliche Einrichtungen und religiöse Gemeinschaften kamen hinzu, und zwar für die Adventistengemeinde, die Christliche Brüdergemeinde, ferner der Verein zur Förderung der Baptisten-Brüdergemeinde und die Evangelische Freikirche Augustdorf.
Schulen
Neben Grund- und Hauptschulen verfügt die Gemeinde auch über eine Realschule.
Soziale Einrichtungen
Der Heimathof ist eine Gründung der von Bodelschwinghschen Anstalten, die 1927 Land in der Hermannsheide im Grenzbereich zwischen Haustenbeck, der Hövelsenne und Augustdorf aufkauften, um es landwirtschaftlich zu nutzen. Das Motiv war, Arbeitslosen Arbeit zu geben. So entstand 1930 auf Augustdorfer Gebiet der Heimathof, der durch die Erweiterung des Truppenübungsplatzes seinen Grundbesitz verlor, dann der Unterbringung von Unterkunftsuchenden diente und schließlich aufgegeben werden musste.
In Heidehaus im nordwestlichen Zipfel des Gemeindegebiets wurde 1947 eine Siedlung gegründet, die berufs- und heimatlose Jugendliche aufnehmen sollte.
Sehenswürdigkeiten und Besonderheiten
- Dorfkirche von 1875 / 76 (Bruchsteinsaalbau, Nachfolgebau einer Fachwerkkapelle von 1800)
- Ruine des Jagdschlosses Lopshorn (erbaut 1680, zerstört 1945)
- zwei Kötterhäuser (Fachwerk) unter Denkmalschutz
- Heimatstube
- Truppenübungsplatz Senne
- Naturschutzgebiet Ölbachtal-Senne ab 1927 (151 ha seit 1990)
- Furlbachtal (Alte Mühle)
- sog. Mordkuhle
- Dünen
- Forellenzucht
- Umweltbildungszentrum der Gemeinschaft für Naturschutz Senne und Ostwestfalen-Lippe (Umbau und Sanierung der Wolff-Stätte 2006)
- Partnerschaft mit Wanzleben (Magdeburger Börde)
Literatur
- (Quelle) Herbert Stöwer: Lippische Ortsgeschichte : Handbuch der Städte und Gemeinden des ehemaligen Kreises Detmold. - Lemgo: Landesverband Lippe, 2008. - 600 S. : zahlr. Ill., Kt. - ZXIU 101. - S. 24-33.
Weblinks
Status der Seite
Quelle: Stöwer 2008
17.09.2024 angelegt